Russland klagt an
Medwedew: “Wir sind in einem neuen Kalten Krieg”
Der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew hat am Samstag das schlechte Verhältnis zwischen Moskau und Westeuropa angeprangert. "Wir sind in eine neue Periode des Kalten Kriegs hineingeraten", sagte Medwedew bei der Münchner Sicherheitskonferenz. "Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland sind verdorben." US-Außenminister John Kerry wiederum forderte die Führung in Moskau auf, ihre Militärstrategie in Syrien zu ändern.
"Praktisch jeden Tag werden wir zu der größten Bedrohung erklärt, einmal für die NATO insgesamt, einmal für Europa, einmal für die USA", sagte Medwedew. Der Premier warb gleichzeitig für einen neuen Annäherungsprozess mit dem Westen, es müsse wieder Vertrauen aufgebaut werden. Dies sei schwierig, aber: "Wir müssen diesen Prozess anfangen. Und da darf es keine Vorbedingungen geben."
"Brauchen wir einen dritten Weltschock?"
"Brauchen wir einen dritten Weltschock, um zu verstehen, dass wir heute die Zusammenarbeit brauchen und nicht die Konfrontation?", fragte Medwedew. Er verwies auf die Gefahr einer nuklearen Apokalypse in den 1960er-Jahren. Damals hätten die USA und die Sowjetunion aber verstanden, dass der Kampf zwischen Staaten und Systemen keine Menschenleben Wert sei. Eine gemeinsame Bewältigung der Konflikte könnte zu einer gleichberechtigten Partnerschaft führen, "die uns eine Grundlage für ein friedliches Leben für minimal 70 Jahre gewährleistet", sagte Medwedew.
Bezüglich der Konflikte in Syrien und in der Ukraine wies der russische Ministerpräsident dem Westen die Schuld für die jeweilige Eskalation zu. Bereits in der Vergangenheit hatte er die USA und arabische Länder vor einem neuen Weltkrieg gewarnt. Der NATO warf er vor, die Tonlage zu verschärfen statt den Dialog zu suchen. Die EU habe mit ihrer Politik der Östlichen Partnerschaft gegenüber der Ukraine, Moldawien und Georgien keinen "Freundeskreis, sondern eine Entfremdungszone" geschaffen.
"Müssen einen einheitlichen syrischen Staat erhalten"
Bezüglich des Bürgerkriegs in Syrien werde Russland weiter an der Umsetzung der Friedensinitiative arbeiten, beteuerte Medwedew. "Wir müssen einen einheitlichen syrischen Staat erhalten." Der Zerfall des Landes dürfe nicht zugelassen werden. "Die Welt kann sich kein weiteres Libyen, Jemen und Afghanistan leisten." Nach fünf Jahren Bürgerkrieg mit fast 500.000 Toten sollen in Syrien binnen einer Woche die Waffen schweigen: Darauf haben sich die USA, Russland und wichtige Regionalmächte in der Nacht auf Freitag in München geeinigt.
Türkei und Saudis erwägen Einsatz von Bodentruppen
Nun erwägen auch die Türkei und Saudi-Arabien die Entsendung von Bodentruppen. Bereits vor wenigen Tagen drohte der türkische Präsident Erdogan mit einem direkten Eingreifen in Syrien. "Wenn es eine Strategie gegen die Terrormiliz Islamischer Staat gibt, könnten die Türkei und Saudi-Arabien einen Einsatz am Boden starten", sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Samstag in München. Russische Bodentruppen sollen nach "Spiegel"-Informationen bereits seit mehreren Tagen in der nordwestlichen syrischen Provinz Latakia operieren.
Kerry: "Russland greift legitime Oppositionsgruppen an"
US-Außenminister Kerry forderte Russland am Samstag in München zu einem Wechsel seiner Militärstrategie in Syrien auf. "Bisher richtete sich der Großteil der russischen Angriffe auf legitime Oppositionsgruppen", sagte Kerry. Es sei wichtig, dass sich Russland "auf andere Ziele konzentriert", damit die Einigung der Syrien-Kontaktgruppe auf eine Waffenruhe auch tatsächlich umgesetzt werden könne.
Für den Syrien-Konflikt müsse schnellstmöglich eine politische Lösung gefunden werden, um Frieden zu erreichen, so Kerry. "Dies ist ein Wendepunkt." Die Entscheidungen, die in den kommenden Wochen getroffen würden, könnten den Krieg in Syrien beenden - oder den Konflikt noch weiter verschärfen.
Ukrainischer Staatschef greift Russland scharf an
Angesichts des Konflikts in der Ukraine übte in München der ukrainische Präsident Petro Poroschenko scharfe Kritik an Russlands Staatschef Wladimir Putin: "Das ist kein ukrainischer Bürgerkrieg, das ist Ihre Aggression. Es sind Ihre Soldaten, die mein Land besetzt haben." Poroschenko warnte weiters vor einer Unterwanderung Europas durch russische Propaganda. Die Sanktionen gegen Russland müssten in jedem Fall aufrechterhalten werden.
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