Es wird wieder viel umarmt im Hause Tanner: Fast 30 Jahre nach der Erstausstrahlung von "Full House" wird die Familien-Sitcom aus den 80ern und 90ern unter dem Titel "Fuller House" auf Netflix wieder belebt. Die 13 neuen Folgen, die ab 26. Februar auf dem Streamingdienst abrufbar sind, wecken neben nostalgischen Gefühlen vor allem die Erinnerung daran, wie kitschdurchzogen schon das Original war.
Mit Ausnahme von Mary-Kate und Ashley Olsen, die sich einst die Rolle des zuckersüßen Nesthäkchens Michelle teilten, sind alle ursprünglichen Hauptdarsteller auch bei der Fortsetzung wieder an Bord. Und die beginnt unter der exakt gleichen Prämisse wie auch schon die Vorlage, die zwischen 1987 und 1995 im US-Fernsehen und inklusive zahlreicher Wiederholungen auch im deutschsprachigen Fernsehen höchsterfolgreich lief. Erzählte Serienschöpfer Jeff Franklin damals vom Familienvater Danny Tanner (Bob Saget), der sich nach dem Tod seiner Ehefrau zur Erziehung der drei Töchter seinen besten Freund Joey Gladstone (Dave Coulier) und Schwager Jesse Katsopolis (John Stamos) ins Haus holt, rückt er nun die mittlerweile erwachsene, ebenfalls verwitwete Tochter D.J. (Candace Cameron Bure) ins Zentrum.
Wenn wir die Familie Tanner wieder treffen, wohnt D.J. mit ihren drei Söhnen - dem vorpubertären, zwölfjährigen Jackson, dem altklugen, siebenjährigen Max und dem (natürlich sehr oft sehr süß ins Bild gerückten) Neugeborenen Tommy Jr. - erneut in dem uns so bekannten Reihenhaus mit der roten Tür in San Francisco. Doch weil Opa Danny demnächst nach Los Angeles zieht, um eine neue Frühstückssendung zu moderieren, ist D.J. damit konfrontiert, künftig ihren Job als Tierärztin und das Mutterdasein alleine zu schaukeln, wie der Trailer verrät.
Spontan erklären sich ihre Schwester Stephanie (Jodie Sweetin) - mittlerweile Partygirl und unter dem Namen "DJ Tanner" vielreisende Musikern - und ihre berüchtigt-beste Freundin Kimmy Gibbler (Andrea Barber) - geschiedene Eventplanerin mit Teenagertochter Ramona - bereit, einzuziehen und der Überforderten unter die Arme zu greifen.
Im Schnelldurchlauf werden die Zuseher über das Geschehen in den knapp 20 Jahren Pause aufgeklärt, wobei die Handlung hinter eine Dauerschleife an Insiderwitzen und Reminiszenzen rückt. Da fallen laufend charakteristische Sprüche wie Stephanies "Wie unhöflich" oder Joeys "Schneid das raus", platzt Nervensäge Kimmy weiter ungebeten ins Haus und stimmt der (immer noch sehr fesche) Onkel Jesse mit seiner Band seinen schmalzigen Hochzeitssong "Forever" an. Die Grenze vom Nostalgieschwelgen zum Fremdschämen ist schmal, und sie wird mit jeder Minute beharrlicher überschritten.
Spätestens, wenn Saget, Coulier und Stamos nach der ersten Folge in den Hintergrund rücken und auf Gastauftritte beschränkt werden, offenbart sich die fehlende Substanz von "Fuller House". Die Erziehungsproblemchen und Geschwister-Streitigkeiten sind dieselben wie einst - nur eben auf die nächste Generation übertragen -, die Entwicklungen vorhersehbar, die Lacher billig und die Dialoge hölzern. Und die obligatorische moralische Botschaft zum Schluss wirkt ebenso wenig zeitgemäß wie das Format der seichten Sitcom vor Livepublikum, das immerzu kreischt und/oder laut auflacht. Einziges Indiz, dass die Tanners nun in einem anderen Jahrhundert leben, sind die Smartphones, in die die Kinder starren.
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