Affäre um das "Konradinum" in Eugendorf. Salzburg vernachlässigt Schwerbehinderte und Bürgermeister Johann Strasser leistet dem Heim Schützenhilfe.
"Das ist kein Fall wie jeder andere", betont Volksanwalt Günther Kräuter gegenüber der "Krone". Seine Vorwürfe gegen das Schwerstbehindertenheim "Konradinum" in Eugendorf sind massiv: Es geht um falsche Medikamentierung, Missstände in der Unterbringung sowie Ignoranz gegenüber richterlichen Beschlüssen. Adressat seines Ärgers ist die Landesregierung. Diese habe Missstände zu lange ignoriert.
Der zuständige Landesrat Christian Stöckl verweist auf die Mühlen der Bürokratie: "Im Jahr 2013 haben wir die Notwendigkeit für einen Neubau erkannt und stehen kurz vor der Umsetzung. Leider ist das Vergabegesetz in Österreich so kompliziert geworden, dass wir mit dem Bau noch nicht beginnen konnten." In rund zwei Jahren soll das neue Gebäude fertig sein. "Es muss aber jetzt etwas passieren", ist Kräuter alarmiert und fordert als erste Maßnahmen, dass die Bewohnerzahl reduziert und ein Beschäftigungskonzept samt Tagesstruktur eingeführt wird.
Wie lange die Probleme ignoriert worden sind, zeigt der Umstand, dass schon Ende August eine 1:1-Betreuung als Akutmaßnahme festgestellt worden ist, das Land mit einem entsprechenden Antrag erst vergangene Woche reagierte.
Die "Krone" hat sich daher selbst vor Ort ein Bild gemacht. Schnell wird klar: Die Probleme des Heims sind struktureller Natur und tief verwurzelt. Mehrere Bewohner schlafen in einem Raum, die Sanitäranlagen sind nicht nach Geschlechtern getrennt, die Toiletten sind neben den Pflegebädern. Es gibt zudem kein getrenntes Personal für Pflege und Pädagogik.
Im Aufenthaltsraum des Heims ist Eugendorfs Bürgermeister Johann Strasser gerade zu Besuch. Er ist außer sich, weil er die Vorwürfe für überzogen hält. "Ich komme seit so vielen Jahren hier her. Dieser Volksanwalt soll mal einen Tag lang hier arbeiten, dann würde er seine Meinung schnell ändern", stellt sich Strasser schützend vor das Personal.
Im Stockwerk über ihm wird gerade der Geburtstag eines Bewohners gefeiert. Es gibt Schokolade-Kuchen - die Pfleger bemühen sich um eine gute Miene, aber wegen der Vorwürfe sind schon Tränen geflossen. Es sei einfach nicht möglich, allen Forderungen sofort nachzukommen. Gerade arbeite man daran, jahrelang versäumte Dokumentationen nachzuholen. Dazu kommt ein personeller Engpass. Die Stelle der pädagogischen Koordinatorin war lange nicht besetzt. Kräuter ist entschlossen: "Wenn die Missstände bis zum Frühling nicht behoben sind, dann bringe ich den Fall vor den Nationalrat."
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