Nirgendwo auf der Welt kann man so billig tanken wie in Venezuela, eine Flasche Wasser kostet weit mehr als ein voller Tank. Doch die Milliardensubventionen sind kaum noch zu finanzieren - weshalb der sozialistische Präsident Nicolas Maduro nun unpopuläre Maßnahmen ergreift: Das kurz vor dem wirtschaftlichen Ruin stehende Venezuela wird erstmals seit rund 20 Jahren den Benzinpreis wieder anheben.
Maduro kündigte am Mittwoch in einer Fernsehansprache Verteuerungen bei Benzin von 1329 Prozent an. Die Veränderungen würden ab Freitag an den Tankstellen umgesetzt. Zugleich kündigte Maduro Änderungen beim Währungssystem an. Kritikern zufolge sind die Reformen nicht weitreichend genug. Sie fordern, das 13 Jahre alte Währungssystem von Maduros Vorgänger Hugo Chavez komplett abzuschaffen.
Das Land mit den größten Ölreserven der Welt subventioniert das Benzin bisher mit rund zehn Milliarden US-Dollar im Jahr. "Wir haben das billigste Benzin der Welt. In den USA kostet ein Liter mindestens 0,78 Dollar, in Venezuela nur 0,01 Dollar-Cent", verteidigte der sozialistische Präsident Maduro in einer Ansprache die neue Maßnahme. Diese sei notwendig, um die tiefe Krise zu bekämpfen.
Maduro will 800 Millionen Dollar pro Jahr einsparen
Die Opposition, die im Dezember bei der Parlamentswahl eine Mehrheit in der Nationalversammlung erringen konnte, wirft ihm Misswirtschaft vor und strebt ein Referendum zu seiner Abwahl an. Sie kritisiert, dass die Preissteigerungen das Leben von Millionen Venezolanern erschwerten, die ohnehin schon mit den hohen Ausgaben Probleme hätten.
Maduro rechnet mit Einsparungen von 800 Millionen Dollar jährlich durch die verringerte Nutzung von Mischungskomponenten. Zudem würden durch die Preiserhöhungen bei Benzin nun die Produktionskosten gedeckt und die Finanzen des staatlichen Ölkonzerns PDVSA gestärkt.
1989: Politische Eskalation nach Spritpreis-Erhöhung
Eine Benzinpreis-Erhöhung galt bisher aus politischen Gründen als sehr heikel, 1989 war es bei einem solchen Vorhaben zu schweren Unruhen mit Hunderten Toten gekommen. Nun soll der Liter Benzin rund einen Bolivar für 91 Oktan bzw. 6 Bolivar für 95 Oktan kosten - was bei einem Geldwechsel auf dem Schwarzmarkt immer noch bedeutet, dass 100 Liter Benzin nur knapp 15 Dollar-Cent bzw. 75 Dollar-Cent kosten. Aber die Devisen sind knapp, und die Inflationsrate ist mit über 200 Prozent die höchste der Welt, weshalb viele Bürger gegen die zahlreichen Preissteigerungen aufbegehren.
Auf dem Schwarzmarkt kann der Dollar derzeit zu 800 bis 1000 Bolivar gewechselt werden. Maduro kündigte an, dass der offizielle Wechselkurs etwa für Touristen künftig bei einem Dollar zu 200 Bolivar liegen soll.
Öleinnahmen finanzieren Sozialprogramme
Der sich komplett im Staatsbesitz befindliche Konzern PDVSA ist das größte Erdölunternehmen Lateinamerikas - und schwer unter Druck. Mit seinen Einnahmen werden die Sozialprogramme für untere Schichten finanziert. Bei einem Ölpreis von unter 30 Dollar je Barrel ist das kaum noch möglich. Das Unternehmen hat rund 150.000 Mitarbeiter und nach eigenen Angaben Förderkosten von 13 Dollar je Barrel Erdöl. Die Fördermenge soll derzeit 2,8 Millionen Barrel Öl und Flüssiggas pro Tag betragen. Venezuela bemüht sich im Rahmen des Ölkartells OPEC darum, dass der globale Ölpreis rasch wieder steigt.
2015 ist die venezolanische Wirtschaft um fünf Prozent geschrumpft. Wegen des fallenden Ölpreises sind laut Maduro die Staatseinnahmen um 70 Prozent eingebrochen. Es gibt bereits Spekulationen über einen möglichen Staatsbankrott des OPEC-Mitglieds.
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