Seehofer an Merkel:

“200.000 Flüchtlinge pro Jahr – sonst klagen wir!”

Ausland
19.02.2016 17:03

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat am Freitag seiner Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge, wie sie auch in Österreich beschlossen wurde, Nachdruck verliehen. Er forderte von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Wechsel ihrer Flüchtlingspolitik und drohte sogar: "Wir werden im März unsere Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen erreicht haben. Wenn dann nichts passiert, bleibt nur die Klage." Damit bezieht sich Seehofer auf die Forderung seiner Parteikollegen, beim deutschen Bundesverfassungsgericht eine Klage gegen die Asylpolitik Berlins einzureichen.

Die aktuelle Flüchtlingskrise stellt die deutsche Politik vor eine Zerreißprobe. Bei einer Pressekonferenz am Freitag machte CSU-Chef Seehofer seinem Ärger Luft und kritisierte besonders die fehlende Umsetzung der mit CDU und SPD getroffenen Verabredungen in der Flüchtlingsfrage. Diese Vereinbarungen sahen unter anderem die Fertigstellung der Hotspots in Griechenland noch 2015 vor. Dies sei bis heute nicht umgesetzt, sagte Seehofer.

Auch die EU-Außengrenzen "werden nicht hinreichend geschützt", die illegale Migration halte an. Weiters gebe es keine Lastenaufteilung mit den Nachbarländern und auch eine europaweite Verteilung von Flüchtlingen finde nicht statt. "Das war der erste Punkt der Vereinbarung und der ist nicht umgesetzt und überfällig", so Seehofer. Das sei "der entscheidende Punkt, wenn wir von der Wiederherstellung von Recht und Ordnung sprechen".

(Bild: APA/dpa/Tobias Hase)

Seehofer hält an Forderung fest: "200.000 pro Jahr"
Mit Kritik an Angela Merkel sparte er nicht: "Die Kanzlerin hat uns persönlich zugesagt, dass diese Dinge erledigt werden. Ich möchte, dass dies gemacht wird, sonst kommen Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieser Vereinbarungen auf." Seine Partei werde an der Forderung nach einer Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr festhalten, sagte Seehofer. Andernfalls würde man sich gezwungen sehen, beim deutschen Verfassungsgericht Klage gegen die Regierung einzureichen.

Damit schlägt Seehofer in die gleiche Kerbe wie sein Parteikollege, Ex-Verkehrsminister Peter Ramsauer. Dieser hatte den CSU-Chef am Donnerstag aufgefordert, die angedrohte Klage gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung schnell beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einzureichen. "Man kann nicht auf der einen Seite die Herrschaft des Unrechts beklagen und gleichzeitig nichts dagegen tun", sagte Ramsauer der "Passauer Neuen Presse".

Flüchtlinge an der Grenze zwischen Oberösterreich und Deutschland (Bild: APA/BARBARA GINDL)
Flüchtlinge an der Grenze zwischen Oberösterreich und Deutschland

EU-Kommission rügt Österreich
Die von Österreich eingeführte Obergrenze von 37.500 Asylwerbern pro Jahr hatte in Bayern für Aufsehen gesorgt. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hatte am Mittwoch angekündigt, ab Freitag nur noch 80 Asylwerber täglich zu akzeptieren. Brüssel versuchte daraufhin, Österreich zum Sündenbock zu stempeln: EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulus schrieb am Donnerstag an die österreichische Regierung, eine solche Politik sei "klar unvereinbar" mit europäischem und internationalem Recht. Bundeskanzler Werner Faymann und andere österreichische Politiker verteidigen die Obergrenze aber weiterhin.

Flüchtlinge in Mazedonien (Bild: APA/AFP/ROBERT ATANASOVSKI)
Flüchtlinge in Mazedonien

Flüchtlingsstrom auf der Balkan-Route nimmt wieder zu
Der Flüchtlingszustrom auf der Balkan-Route ist unterdessen wieder angewachsen. In Mazedonien sind in den vergangenen 24 Stunden 1212 Neuankömmlinge registriert worden - doppelt so viele wie am Vortag, teilten die Behörden in Skopje mit. Seit Jahresbeginn waren 83.188 Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und dem Irak ins Land gelassen worden.

An der serbischen Grenze zu Mazedonien wurden am Freitag strengere Grenzkontrollen durchgeführt. Medienberichte, wonach die Grenze gesperrt worden sei, weil Kroatien einen Weitertransport der Flüchtlinge verweigert habe, wurden von einer Polizeisprecherin dementiert.

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