Österreich und die Balkanländern wollen gemeinsam Maßnahmen setzen, um die anhaltenden Flüchtlingsströme entlang der Balkan-Route Richtung Mitteleuropa stark einzuschränken. "Wir wollen eine Kettenreaktion der Vernunft", sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Mittwoch bei einer Pressekonferenz während der Westbalkan-Konferenz in Wien. An der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien wird die Lage unterdessen zunehmend chaotisch.
Bei der Konferenz mit dem Titel "Managing Migration Together" habe sich eine "enge Allianz zwischen den Innen- und Außenministern entlang der Balkan-Route" getroffen. Die Vertreter von Österreich, Slowenien, Kroatien und Bulgarien sowie die sechs Westbalkanländer Albanien, Bosnien, Kosovo, Serbien, Mazedonien und Montenegro stimmten das weitere Vorgehen in der Flüchtlingspolitik ab.
Mit den vereinbarten Maßnahmen will Mikl-Leitner am Donnerstag auch Druck beim EU-Innenministerrat machen. "Die Flüchtlingsfrage kann zu einer Überlebensfrage der Europäischen Union werden", sagte sie. Es sei das Gebot der Stunde, zu handeln, damit nicht Nationalisten die Oberhand in Europa bekommen, so Mikl-Leitner.
Unterstützung für Mazedonien
"Der Migrationsfluss über die Balkan-Route muss massiv reduziert werden", heißt es in der gemeinsamen Erklärung, die bei dem Treffen unterzeichnet wurde. Mikl-Leitner sprach davon, dass die Migrationsströme gestoppt werden müssten. Vereinbart worden sei, dass Mazedonien "voll und ganz unterstützt" werde, so Mikl-Leitner, die ankündigte, das österreichische Kontingent von Polizisten an der mazedonischen Grenze auf 20 aufzustocken.
Die Weiterreise auf der Balkan-Route solle nur noch Schutzbedürftigen ermöglicht werden, so die Innenministerin. Die Unterscheidung, wer zu dieser Gruppe gehört, werde den einzelnen Ländern überlassen. Vereinbart wurden auch gemeinsame Regeln zur Registrierung der Flüchtlinge.
Kurz: "Österreich ist schlicht überfordert"
Außenminister Sebastian Kurz betonte erneut, dass alle teilnehmenden Länder eine gemeinsame europäische Lösung bevorzugen würden, in Ermangelung einer solchen aber zu nationalen Maßnahmen gezwungen seien. "Österreich ist schlicht und ergreifend überfordert", so Kurz. Unser Land strebe nach wie vor nach einer europäischen Lösung, sagte Kurz, allerdings sei eine solche vorerst nicht in Sicht. Daher setze man auf nationale Maßnahmen.
Europäische Lösung kommt "zu 100 Prozent"
Kurz ist jedoch fest davon überzeugt, dass die nationalen Alleingänge in der Flüchtlingskrise nur eine vorübergehende Erscheinung sind. "Ich bin zu 100 Prozent überzeugt, dass es eine europäische Lösung geben wird", sagte Kurz am Mittwochabend in den "ARD-Tagesthemen". Die Lösung werde aber "nicht sein, dass wir die Menschen möglichst schnell nach Österreich, Deutschland oder Schweden bringen", so der Außenminister. Mit der Westbalkan-Konferenz habe man gemeinsam signalisieren wollen: "Den Weg von der Türkei nach Mitteleuropa in wenigen Tagen gibt es nicht mehr."
Scharfe Kritik aus Athen und Berlin
Dass Österreich mit den Westbalkanländern den Schulterschluss in der Flüchtlingskrise probt, führte zu scharfer Kritik aus Athen, Brüssel und Berlin. Griechenland hatte gegen das Treffen protestiert, weil ohne seine Beteiligung versucht werde, Entscheidungen zu treffen, die Griechenland und seine Grenzen direkt betreffen. Auch eine Sprecherin des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier kritisierte, es könne "nicht sein, dass ein Staat ausgeschlossen wird bei Dingen, die ihn auch betreffen".
Tausende Flüchtlinge in Griechenland gestrandet
Angesichts der Tatsache, dass immer mehr Staaten entlang der Balkan-Route ihre Grenzen dicht machen, wächst bei den Griechen die Sorge vor einem Rückstau an Migranten. Tausende Flüchtlinge sind mittlerweile gestrandet, nachdem Mazedonien seine Grenzen vorübergehend völlig und dann für sämtliche Flüchtlinge, die nicht aus Syrien oder dem Irak stammen, geschlossen hat.
"Griechenland wird in Migrantenlager verwandelt"
Seit Montag sind 9000 Flüchtlinge an Bord von Fähren in Piräus angekommen. Am späten Mittwochabend wurden weitere 2000 erwartet. Und allein auf der Insel Lesbos warteten knapp 3000 Migranten auf die nächste Fähre zum Festland. An der Grenze zu Mazedonien harrten am Mittwoch mindestens 4000 Menschen aus. "Bis zu 70.000 Menschen könnten hier stecken bleiben", kritisierte der griechische Migrationsminister Yiannis Mouzalas. "Griechenland wird in ein riesiges Migrantenlager verwandelt", schrieb das Nachrichtenportal "To Proto Thema" am Mittwoch. Das Land werde mit dem Zustrom der Migranten nicht fertig, warnte die konservative Zeitung "Kathimerini".
Lesen Sie auch:
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.