"Aufgaben erfüllt"
Syrien: Putin ordnet sofortigen Teilabzug an
Mit einer überraschenden Ankündigung hat Russlands Präsident Wladimir Putin am Montagabend aufhorchen lassen. Er ordnete einen sofortigen Teilabzug von russischen Soldaten aus dem Bürgerkriegsland Syrien an. "Die Aufgabe, die dem Verteidigungsministerium und den Streitkräften gestellt war, ist im Großen und Ganzen erfüllt", sagte Putin in Moskau. Das bedeute allerdings nicht automatisch ein Ende der Luftangriffe. Während Vertreter der syrischen Opposition skeptisch reagierten, sprach der UNO-Sicherheitsrat von einem "positiven Schritt".
Wie das Verteidigungsministerium in Moskau am Dienstagvormittag mitteilte, seien bereits in der Früh erste Kampfflugzeuge vom Luftwaffenstützpunkt Hmeimim in der syrischen Provinz Latakia mit Ziel Russland gestartet. Zu dem Geschwader gehörten auch Suchoi-Su34-Kampfbomber. Jede Gruppe von Kampfjets werde demnach von einem Passagier- oder einem Transportflugzeug begleitet, mit denen technisches Personal sowie Ausrüstung in die Heimat zurückgebracht würden. Geplant seien einige Zwischenstopps für Betankung und Wartung, da die Strecke mehr als 5000 Kilometer lang sei. Nach Überqueren der russischen Grenze werde sich die Staffel auflösen und jedes Flugzeug in seinen Heimatstützpunkt zurückkehren.
Keine automatische Beendigung russischer Luftangriffe
Putin hatte am Montagabend nach einem Treffen mit Außenminister Sergej Lawrow und Verteidigungsminister Sergej Schoigu erklärt, er und Syriens Machthaber Bashar al-Assad hätten vereinbart, dass Russland den Stützpunkt Hmeimim behalten werde, um bei der Überwachung der gegenwärtigen Waffenruhe zu helfen. "Der Stützpunkt wird weiter funktionieren und zuverlässig geschützt werden." Kreml-Sprecher Dmitri Peskow ergänzte, die russischen Luftangriffe in Syrien würden nicht automatisch beendet, Details und Zeitrahmen des Teilabzuges würden vom Verteidigungsministerium festgelegt.
Putin sagte der Agentur Interfax zufolge, Russland sei es mit seinem Einsatz in dem Bürgerkriegsland gelungen, einen Durchbruch im Kampf gegen den Terror zu erzielen. Nach Angaben des Kreml richten sich die russischen Luftangriffe, die im September begonnen hatten, nur gegen die Terrormiliz Islamischer Staat, die Al-Nusra-Front und andere Terrorgruppen. Der Westen wirft Moskau aber vor, auch gemäßigte Rebellen ins Visier zu nehmen.
Verteidigungsminister Schoigu sprach von einer erfolgreichen Mission in Syrien. Die russische Armee habe dort allein etwa 2000 Kämpfer getötet, die aus Russland zum Kampf in das Bürgerkriegsland gekommen seien. Darunter seien 17 wichtige Befehlshaber von Terrororganisationen gewesen. Der Kreml hatte den Militäreinsatz an der Seite von Assad unter anderem damit begründet, die Rückkehr extremistischer Kämpfer aus Syrien nach Russland zu verhindern.
Experte: "Weiter genug Möglichkeiten für die russische Armee"
Der russische Militärexperte Jewgeni Mintschenko bezeichnete gegenüber Interfax den nunmehrigen Teilabzug als klugen strategischen Schritt des Kreml: "Putin hat sein wichtigstes Ziel in Syrien erreicht und will sich nicht in einen langwierigen bewaffneten Konflikt ziehen lassen. Außerdem gibt es weiter genug Möglichkeiten für die russische Armee - etwa Raketenschläge vom Kaspischen Meer aus."
Syrische Opposition: "Niemand weiß, was Putin im Kopf hat"
Vertreter der syrischen Opposition reagierten zurückhaltend auf Putins Ankündigung. Sie befinden sich derzeit in Genf, wo am Montag die Syrien-Friedensgespräche fortgesetzt wurden. "Wir müssen abwarten, wie umfassend der Abzug und was der zeitliche Rahmen ist", sagte Monzer Machus, der Sprecher des Hohen Verhandlungskomitees der Opposition. Die Lage in Syrien würde sich von Grund auf ändern, wenn Russland seine Luftangriffe stoppen würde. Russische Bodentruppen hingegen seien nicht entscheidend, weil es die "nicht wirklich in Syrien gibt". Aber: "Niemand weiß, was Putin im Kopf hat."
UNO-Sicherheitsrat: "Das ist das, was wir sehen wollen"
Der UNO-Sicherheitsrat begrüßte den Schritt Putins. Der derzeitige Vorsitzende des Gremiums, der angolanische UNO-Botschafter Ismael Gaspar Martins, sprach von einem "positiven Schritt" Russlands: "Das ist das, was wir sehen wollen." Seit gut zwei Wochen gilt in Syrien eine Waffenruhe, die bisher weitgehend eingehalten wurde. Ausgenommen sind der IS, die Al-Nusra-Front und ihre Verbündeten.
Assad als Hauptstreitpunkt bei Friedensgesprächen
UNO-Vermittler Staffan de Mistura hatte am Montag in Genf mit syrischen Regierungsvertretern gesprochen, am Dienstag will er mit Oppositionsvertretern zusammentreffen. Nach fünf Jahren Bürgerkrieg steuerten die Friedensgespräche auf einen "Moment der Wahrheit" zu, so de Mistura. Er sehe keine Alternative zu einer Verhandlungslösung. Umstritten ist zwischen den Konfliktparteien vor allem das Schicksal von Präsident Assad. Die Opposition schließt jeden Kompromiss aus, der Assad an der Macht lässt, die Regierung wiederum lehnt Gespräche über einen Abtritt des Machthabers ab.
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