Es klingt wie ein schlechter Scherz: Eine alleinerziehende Mutter war als Übersetzerin für die Polizei tätig. Weil sie eine Honorarnote zu spät eingebracht hat, bekommt sie kein Geld für ihre Arbeit. So sagt es das Gesetz. Das heißt, in so einem Fall dürfen sich öffentliche Stellen Leistungen anderer einfach "einnahn"!
Seit einigen Jahren ist Astrid D. freiberuflich immer wieder als Schwedisch-Deutsch-Übersetzerin für die Landespolizeidirektion Wien tätig. Nur durch Zufall ist sie darauf aufmerksam geworden, dass sie für eine Übersetzung aus dem Vorjahr noch kein Honorar bekommen hat. "Die Polizei hat sich auch davor immer monatelang mit Überweisungen Zeit gelassen und gibt dabei auch keine Referenznummern an. Da verliert man leicht den Überblick", schildert die Wienerin.
Auf ihr Nachfragen hat man Frau D. zunächst vertröstet und ihr einige Monate später - statt ihres Geldes - einen Bescheid geschickt. In diesem stand, dass das Honorar nicht ausbezahlt werden würde, weil Frau D. die zweiwöchige Frist der Einreichung ihrer Kostennote überschritten habe. Sie könne zu Gericht gehen und das Geld einklagen. Doch das kann sich die alleinerziehende Mutter eines behinderten Kindes nicht leisten: "Ganz im Gegenteil, ich bin auf jeden Cent angewiesen, da mein kleiner Sohn eine Spezialdiät und teure Therapien braucht."
Für die Landespolizeidirektion ist der Fall klar. Der Frau wird kein Geld ausbezahlt. Sie habe die 14-tägige Einreichfrist überschritten. Die Honorarnote hätte am 5. Juni eintreffen müssen, sei aber erst am 23. Juni gekommen. Eine nachträgliche Verrechnung sei vom Gesetz nicht vorgesehen.
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Einerseits lässt sich die Polizei selbst monatelang mit der Bezahlung Zeit. Andererseits haben Bürger, die für die Polizei tätig sind, nur 14 Tage Zeit, ihr Honorar einzureichen. Sonst haben sie eben gratis gearbeitet. Soll das gerecht sein???
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