Zu viel bestellt
Wie Salah Abdeslam eine Pizza zum Verhängnis wurde
Dem meistgesuchten Terrorverdächtigen in Europa - Salah Abdeslam - soll am Ende eine Pizzabestellung zum Verhängnis geworden sein. Wie durchsickerte, waren die belgischen Ermittler nur durch "eine ungewöhnlich große Liefermenge" auf seine Spur im Brüsseler Stadtteil Molenbeek gekommen. Reiner Zufall also, dass eine der weltweit größten Personenfahndungen nach 120 Tagen zu einem Ende kam.
Ermittler seien misstrauisch geworden, weil zahlreiche Pizzen an eine überwachte Adresse gingen - obwohl sich dort eigentlich nur eine einzelne Frau aufhalten sollte, wird berichtet. Die Behörden entschlossen sich, die Wohnung zu stürmen. Sie trafen dort auf mehrere "Besucher", darunter auch zwei Kinder - und Salah Abdeslam. Ein Beamter setzte den mutmaßlichen Drahtzieher der Paris-Attenate mit einem Schuss ins Knie außer Gefecht, Abdeslam war gefasst.
Zuvor Fingerabdrücke auf Glas gefunden
Neben der Pizzabestellung wurde dem 26-Jährigen auch ein anderes Indiz zum Verhängnis. Nach einer Schießerei mit Verdächtigen in einem Terroristen-Versteck im Stadtteil Forest, bei der zwei Täter über das Dach entkamen und einer von der Polizei getötet wurde, fanden sich seine Fingerabdrücke auf einem Glas in dem Gebäude.
Nachdem die Suche monatelang im Sand verlaufen war, hätten die Abdrücke die Fahnder davon überzeugt, dass sich Abdeslam überhaupt noch in Brüssel aufhalte, berichtet die Website "Politico". Infolgedessen sei auch erst die Adresse, an die später die verdächtige Pizzalieferung ging, überwacht worden.
Kritik an "unfähigen" Belgiern
Der angebliche logistische Kopf hinter den Pariser Attentaten konnte sich also monatelang in Brüssel verstecken. Vor allem Frankreich - Abdeslam ist französischer Staatsbürger - empört sich laut über die Arbeit der belgischen Sicherheitsbehörden und fordert seine Auslieferung. In der Tat müssen sich die belgischen Ermittler seit jeher unangenehme Fragen gefallen lassen. "Hundert Meter pro Monat" seien sie vorangekommen, spottet ein Twitter-User. Abdeslam wurde 400 Meter von seinem Wohnsitz entfernt verhaftet. "Wie gut, dass er sich nicht in Marseille versteckt hat."
"Die 130 Toten von Paris, die verdanken wir den Belgiern, die verdanken wir der Mannschaft von Molenbeek und der Unfähigkeit der Belgier", zitiert die "Welt" den französischen Abgeordneten Alain Marsaud.
Keine Hausdurchsuchungen in der Nacht
Eine Behördenposse befeuert die Vorwürfe noch zusätzlich. Wenige Tage nach den Anschlägen von Paris wollte die Polizei nachts ein verdächtiges Haus in Molenbeek durchsuchen. Doch sie durfte nicht. Hausdurchsuchungen sind in Belgien nämlich erst ab 5 Uhr morgens gestattet. Die Ermittler mussten warten. Der belgische Justizminister räumte danach ein, dass Abdeslam sich "wahrscheinlich" in dem Haus befunden habe...
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