Die englische Fußball-Nationalmannschaft hat am Samstag den Ländermatch-Klassiker gegen Deutschland durch ein spektakuläres Finish mit 3:2 (0:1) gewonnen. Obwohl beide Trainer dem Ergebnis nicht zu viel Gewicht beimessen wollten, schwärmte England-Coach Roy Hodgson nach dem "Wunder von Berlin" ("Daily Mail") von der Vorstellung seiner jungen Wilden, die Lust auf mehr machte. Den sehenswerten Treffer von Jamie Vardy zum 2:2 sehen Sie oben im Video.
"Es ist ärgerlich, klar, ich glaube, das ist vielleicht eine gute Lehrstunde für die Mannschaft gewesen", gestand DFB-Trainer Joachim Löw, nachdem sein Team in der letzten halben Stunde eine 2:0-Führung verspielt und die Partie somit aus der Hand gegeben hatte. Überdramatisieren wollte der Weltmeister-Macher die Niederlage gut zwei Monate vor dem Turnier-Ernstfall in Frankreich aber auch nicht. "Wir werden das Spiel analysieren, aber auch damit können wir mal leben", erklärte der 56-Jährige relativ gelassen.
Für sein Gegenüber Hodgson nimmt der Erfolg auf dem Rasen des Berliner Olympiastadions einen besonderen Platz in seiner 40-jährigen Laufbahn als Trainer ein. "Der beste Abend meiner Karriere für mich? Ja, warum eigentlich nicht", sagte der 68-jährige und ließ sich zu einer verheißungsvollen Prognose hinreißen: "Die besten Momente für uns kommen aber erst noch."
Lineker schrieb selbst verfassten Fußball-Lehrsatz um
Mit druckvollem Offensivspiel drehte England erstmals seit 1976 wieder einen 0:2-Rückstand in einen Sieg - und ließ Gary Lineker sein selbst formuliertes Fußball-Gesetz abändern. "Fußball ist ein einfaches Spiel, in dem 22 Spieler für 90 Minuten einen Ball umherkicken und am Ende gibt Deutschland einen Zwei-Tore-Vorsprung aus der Hand", twitterte die Stürmer-Legende. Die Engländer haben in Berlin in nunmehr neun Spielen noch nie verloren.
Nach dem schmachvollen Vorrunden-Aus bei der WM 2014 in Brasilien hatte Hodgson noch für etwas mitleidiges Schmunzeln in der Fußball-Welt gesorgt, als er seinem jungen Team eine "leuchtende Zukunft" prophezeite. Doch inzwischen sprechen einige Indizien dafür, dass diese Engländer schon im Sommer in Frankreich für Furore sorgen könnten.
Kane & Co. voller Selbstvertrauen
"Es gibt keinen Grund, warum wir nicht jedes Team schlagen sollten", erklärte Stürmer Harry Kane, der englische Medien mit seiner Drehung vor dem 1:0 an die Technik von Johan Cruyff erinnerte. "Das ist inzwischen schon normal für Harry, er hat die Standards sehr hoch gesetzt", sagte Tottenham-Teamkollege Danny Rose.
Hodgson: "Lasst uns nicht abheben"
Hodgson rief seine Landsleute aber dennoch zu Besonnenheit auf. "Lasst uns nicht abheben. Lasst uns sichergehen, dass diese Spieler ihre Füße auf dem Boden behalten. Ich möchte, dass sie hungrig bleiben, dass sie von ihren Fehlern lernen", appellierte der Trainer-Sir, der in Abwesenheit des verletzten Kapitäns Wayne Rooney (Knie) dem 19-jährigen Dele Alli das Vertrauen geschenkt hatte und Rose das Debüt für die "Three Lions" ermöglichte. Neben Kane, Alli und Rose stand mit dem Siegtorschützen Eric Dier noch ein vierter Profi vom Premier-League-Zweiten Tottenham in der Startelf.
An vorderster Front traf zudem der eingewechselte Jamie Vardy, dem Goalgetter von Überraschungs-Tabellenführer Leicester City gelang mit einem unnachahmlichen "Fersler"-Tor ein veritabler Geniestreich. Der 29-jährige Teamkollege von ÖFB-Kapitän Christian Fuchs, der erst vor knapp einem Jahr sein Nationalteam-Debüt gab, ist der erste Team-Torschütze von Leicester seit Lineker 1985. Kane (21 Saisontreffer) und Vardy (19) sind aktuell die besten Stürmer der Premier League.
Deutschland in Testspielen seit November 2014 ohne Sieg
Die deutsche Mannschaft prolongierte unterdessen ihre Erfolglosigkeit in Testspielen. Der letzte Sieg in einem Freundschaftsspiel datiert aus dem November 2014, als man 1:0 in Spanien gewann. Seitdem gab es in Partien ohne Pflichtcharakter ein Unentschieden und dann drei Niederlagen in Serie. "Es ist einfach so, dass wir den Testspielcharakter, und da spreche ich auch von mir selbst, nicht abschütteln konnten", übte Bayern-Profi Thomas Müller Selbstkritik. "Wenn es um die Wurscht geht, können wir vielleicht vom Mentalen ein bisschen mehr mobilisieren."
Für die DFB-Auswahl geht es nun darum, bis zum nächsten Härtetest am Dienstag in München gegen Italien den Fokus wieder zu finden. Für Löw ist die Mannschaft seines Trainerkollegen Antonio Conte "noch einmal ein anderes Kaliber". England trifft am Dienstag im Wembley-Stadion auf die Niederlande und will nach den Erfolgen über Frankreich (2:0) und Deutschland den dritten Klassiker-Sieg nacheinander holen.
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