Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil verschärft in der Flüchtlingskrise die Gangart. In der deutschen Tageszeitung "Die Welt" kündigte er nun "massive Grenzkontrollen am Brenner, auch mit Soldaten" an. Der Minister begründete das Vorgehen Österreichs damit, dass die Flüchtlinge durch den EU-Türkei-Deal zunehmend Ausweichrouten, vor allem über Italien, nehmen würden. Auch Bundeskanzler Werner Faymann und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner warnen vor einem starken Anschwellen des Flüchtlingsstroms über das Mittelmeer.
"Da die EU-Außengrenzen derzeit noch nicht effektiv geschützt werden, wird Österreich in Kürze strikte Grenzkontrollen hochziehen", betonte Doskozil am Samstag in der "Welt". "Das bedeutet massive Grenzkontrollen am Brenner, auch mit Soldaten." Durch das Abkommen der EU mit der Türkei "erwarten wir eine starke Nutzung der zentralen Mittelmeerroute in den kommenden Wochen". Heuer seien 14.600 Flüchtlinge über diesen Weg nach Europa gekommen, das seien 44 Prozent mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.
Faymann warnt vor einer Katastrophe am Brenner
Faymann warnte im Gespräch mit der "Krone" gar vor einer Katastrophe am Brenner, "sowohl menschlich als auch wirtschaftlich". Da die Balkanroute geschlossen sei und Europa das Durchwinken beendet habe, werde "im Sommer der Flüchtlingsstrom über die Italienroute besonders groß werden". Und der Kanzler betonte: "Man kann nicht darauf warten, dass dort alles stillsteht." Österreich könne die Migranten nicht unkontrolliert einreisen lassen, das Innenministerium habe bereits den Auftrag zur Errichtung der technischen Voraussetzungen für strikte Kontrollen erhalten.
Mikl-Leitner: "Fest entschlossen", Grenze zu sichern
Auch Ressortchefin Mikl-Leitner erklärte am Samstag im "Münchner Merkur", Österreich sei "fest entschlossen", die Brennergrenze zu sichern. Sicherheit und Stabilität habe "oberste Priorität". Auf die Frage nach möglichen Behinderungen im Urlaubsverkehr an der österreichisch-italienischen Grenze sagte sie: "Auch wenn es zu Staus kommt, gibt es dafür sicherlich Verständnis seitens der Bevölkerung."
Hunderttausende stehen in Libyen in den Startlöchern
Schon jetzt belegen die aktuellen Daten des UN-Flüchtlingshochkommissariats einen eklatanten Anstieg der Flüchtlingszahlen in Italien. Auf Sizilien sind im März mehr als doppelt so viele Asylwerber angekommen als noch im Februar - Tendenz stark steigend. Laut UNHCR sind 76 Prozent dieser Flüchtlinge junge Männer, beinahe alle stammen aus Afrika. Schätzungen gehen davon aus, dass in Libyen bis zu 800.000 Menschen warten, die nach Europa wollen.
Route von Albanien über die Adria nach Süditalien
Die italienischen Behörden fürchten aber nicht nur eine erneute Zunahme der Ankünfte aus Afrika, auch der Weg über die Adria zwischen Albanien und der süditalienischen Region Apulien gilt als wahrscheinliche Ausweichroute. Die albanische Mafia hat bereits Millionen in Schnellboote investiert, um Asylwerber künftig übers Meer nach Italien zu lotsen.
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