Tränengas-Schlacht

Grenzsturm-Aufruf sorgt für neues Chaos in Idomeni

Ausland
10.04.2016 15:46

An der griechisch-mazedonischen Grenze in Idomeni ist die Lage am Sonntag erneut eskaliert. Hunderte Flüchtlinge sind einem Aufruf zum Grenzsturm in arabischer Sprache, der auf Flugblättern im dortigen improvisierten Flüchtlingslager zu lesen war, gefolgt. Sie versuchten die Grenzbarrieren Richtung Mazedonien zu überwinden. Mazedonische Grenzpolizisten setzten Tränengas und Blendgranaten ein. Laut der Organisation "Ärzte ohne Grenzen" wurden bei den Auseinandersetzungen etwa 300 Menschen verletzt.

Offiziell wies die mazedonische Regierung am Sonntag gegenüber der AFP zurück, Tränengas gegen die Migranten eingesetzt zu haben und beschuldigte stattdessen ihre griechischen Kollegen. Später zitierte Reuters hingegen "mazedonische Polizeikreise", wonach die Flüchtlinge Polizisten mit Steinen beworfen und gegen den Grenzzaun gedrückt hätten. Die griechische Polizei bestätigte ebenfalls, dass es Versuche gegeben hatte, über den Zaun zu gelangen.

Mit mazedonischen Grenzbeamten "verhandelt"
Laut Informationen von Journalisten vor Ort, die auf Twitter über die Entwicklungen berichten, hatten einige Vertreter der Flüchtlinge mit den mazedonischen Behörden über eine Grenzöffnung verhandelt - ohne Erfolg. Die Grenzbeamten hätten erklärt, so eine Entscheidung könne einzig und allein die EU treffen.

Massiver Tränengaseinsatz gegen den Flüchtlingsandrang (Bild: ASSOCIATED PRESS)
Massiver Tränengaseinsatz gegen den Flüchtlingsandrang
Vermummte Helfer kümmern sich um ein Tränengasopfer. (Bild: ASSOCIATED PRESS)
Vermummte Helfer kümmern sich um ein Tränengasopfer.
(Bild: ASSOCIATED PRESS)
Flüchtlinge versuchen, ein Loch in den Zaun zu schneiden, dahinter warten bereits Polizisten. (Bild: ASSOCIATED PRESS)
Flüchtlinge versuchen, ein Loch in den Zaun zu schneiden, dahinter warten bereits Polizisten.
Mazedonische Grenzpolizisten gehen vor Steinwürfen in Deckung. (Bild: APA/AFP/ROBERT ATANASOVSKI)
Mazedonische Grenzpolizisten gehen vor Steinwürfen in Deckung.

Verletzte durch Gummigeschosse und Tränengas
Es gab zahlreiche Verletzte. Die Behörden hätten auch mit Gummikugeln auf die Menschen geschossen, teilte die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" auf Twitter mit. Tränengaspatronen seien auch direkt in das Lager geschossen worden und nicht nur gegen Flüchtlinge vor dem Stacheldrahtzaun eingesetzt worden, fügte die Hilfsorganisation hinzu.

Drei Menschen vor letzter Massenmobilisierung ertrunken
Wer die neuen Flugblätter verteilt und an Strommasten aufgehängt habe, ist bisher nicht bekannt. Bereits Mitte März hatte ein ähnliches Flugblatt für einen Sturm auf den Grenzzaun gesorgt. Rund 2000 Flüchtlinge waren damals der Aufforderung gefolgt, einen reißenden Fluss zu überqueren. Drei Menschen waren im Vorfeld der Aktion ertrunken. Wer es nach Mazedonien schaffte, wurde von den dortigen Sicherheitskräften umgehend zurückgeschickt.

Erneut Aktivisten in der Kritik
Griechische Medien vermuten, dass nun erneut politische Aktivisten hinter der Aktionen stecken. Das Verhalten mancher freiwilliger Helfer wurde zuletzt von mehreren Politikern heftig kritisiert, sie würden die Menschen unnötig in Gefahr bringen.

Flüchtlinge im Hochwasser führenden Grenzfluss, Flugblatt mit Wegbeschreibung (Bild: AFP PHOTO / DANIEL MIHAILESCU, "Krone")
Flüchtlinge im Hochwasser führenden Grenzfluss, Flugblatt mit Wegbeschreibung

Seit EU-Türkei-Deal 80 Prozent weniger Neuankünfte
Laut aktuellen Zahlen der EU-Grenzschutzagentur Frontex sind seit dem Inkrafttreten des EU-Türkei-Abkommens vor drei Wochen deutlich weniger Flüchtlinge aus der Türkei nach Griechenland gelangt. Wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtet, seien es 80 Prozent weniger Neuankömmlinge.

Von Anfang des Jahres bis zum EU-Gipfel am 18. März, bei dem der Pakt zur Rücknahme und Umsiedlung von Flüchtlingen aus der Türkei vereinbart wurde, kamen im Durchschnitt täglich 1676 Flüchtlinge nach Griechenland. Seitdem das Abkommen gilt, also seit dem 20. März, seien es dann nur noch 337 Menschen am Tag gewesen.

Griechenland hatte im Rahmen des Flüchtlingspaktes mit Ankara am vergangenen Montag die ersten Flüchtlinge in die Türkei abgeschoben. Am selben Tag waren die ersten Syrer aus türkischen Flüchtlingslagern in Deutschland und einigen an deren EU-Ländern aufgenommen worden, wie es der Pakt vorsieht.

Wieder Flüchtlinge in der Ägäis ertrunken
Doch jene Menschen, die nach wie vor nach Griechenland hinüberzusetzen versuchen, riskieren weiterhin ihr Leben. So starben am Samstag zum ersten Mal seit Inkrafttreten des Abkommens wieder Flüchtlinge in der Ägäis. Ein Boot kenterte in rauer See vor der Insel Samos, wie die griechische Küstenwache mitteilte. Vier Frauen und ein Kind kamen ums Leben.

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