Aus den 70er-Jahren

Zwentendorf: Skurriler AKW-Werbefilm entdeckt

Österreich
19.04.2016 09:32

Das AKW Zwentendorf hat niemals Atome gespalten, sondern von Anfang an für politische Debatten über Nutzen und Gefahren der Atomkraft gesorgt. Die Volksabstimmung im Jahr 1978 versetzte dem Projekt den endgültigen Todesstoß. Mit welchen Werbebotschaften die Befürworter der Atomkraft die Bevölkerung zu überzeugen versuchten, enthüllt eine alte Filmrolle, die vor Kurzem im Keller des Kraftwerks entdeckt wurde. Auf dieser Rolle findet sich ein aus heutiger Sicht skurriler Werbefilm, der die Kernenergie als völlig ungefährlich, ja sogar lebensnotwendig preist.

Die Schöpfer des rund achtminütigen Beitrags, den die EVN nun in digitalisierter Form veröffentlicht hat, stellen zu Beginn klar: "Dies ist ein Werbefilm. Er wirbt für Ihr Verständnis gegenüber Kernkraftwerken." Danach werden alle Atomkraftgegner mehr oder weniger subtil lächerlich gemacht: "Als das Rad erfunden wurde (...), gab es ein paar Vorsichtige. Die warnten vor den bösen Folgen. Die Götter könnten vielleicht zornig werden. Ja und die Leute, die von der Katastrophe und dem Weltuntergang reden, die gibt es heute noch. Die Welt allerdings scheint sich darum wenig zu kümmern. Sie ist immer noch da", heißt es unter anderem.

Außenaufnahme vom nie in Betrieb gegangenen AKW Zwentendorf (Bild: APA/Helmut Fohringer)
Außenaufnahme vom nie in Betrieb gegangenen AKW Zwentendorf

Auch Kritiker "schreiben nicht gerne im Dunkeln"
Auch gegen Strom und Elektrizität sei niemand, wird betont. Schließlich würden auch die Kritiker nicht gerne "im Dunkeln schreiben". Da elektrischer Strom nicht gespeichert werden könne, müsse stets ausreichend produziert werden, andernfalls drohe "Zwangsabschaltung". Und was das für das Leben aller bedeutete, wird an mehreren Beispielen erläutert. Das drastischste ist wohl jenes Kinderspital, in dem im Falle einer Zwangsabschaltung zahlreiche Patienten sterben müssten. Das wird mit einer kurzen Einblendung eines Friedhofs vor Augen geführt.

Steuerzentrale des AKW Zwentendorf (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Steuerzentrale des AKW Zwentendorf
Schutzanzüge im Inneren des AKW Zwentendorf (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Schutzanzüge im Inneren des AKW Zwentendorf

Um diesen "bösen Traum" nicht wahr werden zu lassen, empfiehlt der Film, auf die "einzige brauchbare Alternative" zu setzen. Schließlich würden überall auf der Welt Kernkraftwerke gebaut. Doch kann ein AKW zu heiß werden und explodieren? Diese Frage wird mit einem deutlichen Nein beantwortet. Das Einzige, was ein Atomkraftwerk ausstrahlt? Sicherheit! Wie unbedenklich die neue Technologie ist, wird mit dieser Szene verdeutlicht: Eine junge blonde Frau wird beim Liebesspiel mit einem Mann gezeigt. "Kernkraft, Kernenergie, kerngesund", meint die Frau, die mit ihren Fingern zärtlich über die Brust ihres Partners streicht.

Besucher während einer Führung durch das AKW Zwentendorf (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Besucher während einer Führung durch das AKW Zwentendorf

"Märchen von der Explosion"
Zwischendurch werden auch immer wieder nackte Frauen unter dem Hinweis eingeblendet, dass auch alle Menschen radioaktiv strahlen - und das seit Adam und Eva. Am Ende des Werbefilms heißt es: "Sie sind jetzt besser informiert über Kernkraftwerke. Mit dem Märchen von der Explosion kann man Sie nicht mehr schrecken. Sie kennen die Kernfrage."

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