Die internationalen Geldgeber erhöhen im Reformstreit den Druck auf Griechenland und fordern bis kommenden Donnerstag zusätzliche Maßnahmen. Zugleich stellte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem der Regierung in Athen am Freitag die Aufnahme von Gesprächen über die Umstrukturierung von Schulden in Aussicht, wenn sie einen Notfallplan für den Staatshaushalt vorlegt. Der griechische Finanzminister Euclid Tsakalotos sagte nach einem Treffen der Eurogruppe in Amsterdam allerdings, laut den Gesetzen seines Landes seien derartige Notfallpläne nicht möglich. Es werde nun daran gearbeitet, den Forderungen trotzdem nachzukommen.
In den kommenden Tagen sollen die Prüf-Institutionen von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) mit der griechischen Regierung die Notfallpläne aushandeln und die Überprüfung der Reformen abschließen, auf die sich die Beteiligten eigentlich schon im Vorjahr einigen wollten. Sollten die Verhandlungen in beiden Bereichen erfolgreich sein, werde es am Donnerstag eine weiteres Treffen der Eurogruppe geben, sagte Dijsselbloem.
Aktuelle Reformpläne laut IWF nicht ausreichend
Der Chef des Euro-Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, warnte vor einer zunehmend angespannten Lage der griechischen Finanzen. Der ESM stellt die Mittel aus dem bis zu 86 Milliarden Euro schweren Hilfsprogramm für Griechenland bereit, mit dem das Land vor dem Finanzkollaps bewahrt werden soll. Voraussetzung für die Auszahlung ist die Umsetzung von Reformen, die im vergangenen Sommer vereinbart worden waren. Ein Bestandteil der Einigung war damals, dass Griechenland bis 2018 einen Primärüberschuss - also das Budget ohne Zinszahlungen - von 3,5 Prozent erreicht. Der IWF bezweifelt, dass dies mit den aktuellen Reformplänen erreichbar ist.
IWF-Chefin begrüßt Notfallplan
IWF-Chefin Christine Lagarde begrüßte deshalb die Forderung nach einem Notfallplan, der bei einer Aktivierung zusätzliche Einsparungen von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung einbringen soll. Die bisher vereinbarten Reformen umfassen bereits drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Bei jenen Maßnahmen sei man sehr kurz vor einer Einigung, sagte Dijsselbloem.
Uneins sind sich die Geldgeber indes darüber, inwieweit sie der Regierung in Athen beim Abtragen des Schuldenberges entgegenkommen wollen, der gemessen an der Wirtschaftsleistung aktuell 177 Prozent ausmacht. Während Lagarde und Dijsselbloem zumindest eine Diskussion darüber anmahnten, setzte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble allein auf die Umsetzung der Reformbeschlüsse. Auch seine Kollegen aus Österreich und Finnland betrachteten Beratungen über Schuldenerleichterungen nicht als Priorität.
Schelling attestiert Griechenland "gute Fortschritte"
Finanzminister Hans Jörg Schelling attestierte Griechenland gute Fortschritte. Ein Schuldenschnitt sei aber von allen abgelehnt worden, sogar bei einem "Reprofiling" - also niedrigeren Zinsen und längeren Laufzeiten - seien einige Länder dagegen gewesen. Gleichzeitig seien "alle zuversichtlich", dass eine Lösung möglich sei, obwohl nicht mehr viel Zeit bleibe. Dies sei auch eine andere Situation als noch vor einem Jahr, als nur noch wenige überhaupt an eine Einigung mit Griechenland geglaubt hätten.
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