Der Hausverstand würde einem eigentlich sagen: Wer ein Unternehmen in die größte Krise seiner Geschichte führt, kann sich keine immensen Bonuszahlungen erwarten - schließlich handelt es sich um eine Art Belohnung. Anders im Volkswagen-Konzern: Da bekommen die Vorstände für das Jahr 2015, in dem die Krise begann, insgesamt über 63 Millionen Euro, wie aus dem am Donnerstag vorgelegten Geschäftsbericht für 2015 hervorgeht.
Um das einordnen zu können: Im Jahr davor, als der Konzern vor Kraft nur so strotzte und von einer Krise, einem Abgasskandal und einem weltweiten Image-Verlust noch niemand etwas ahnen konnte, waren es "nur" 54 Millionen Euro, die den Mitgliedern der Konzernführung ausgezahlt wurden.
Dabei muss VW händeringend sparen, was auch allerorten passiert. Vom Verzicht auf die Neuauflage des VW Phaeton bis hin zum drastischen Reduzieren des Konzern-Engagements beim GTI-Treffen am Wörthersee. Der Grund: Allein für das Jahr 2015 werden die Wolfsburger 16,2 Milliarden Euro zurückstellen. Erstmals seit seiner Gründung schrieb der Konzern 2015 tiefrote Zahlen, Arbeitnehmer fürchten um ihre Jobs.
Allen voran hält Ex-CEO Martin "Ich habe von nichts gewusst" Winterkorn besonders kräftig die Hand auf für seine "Leistung" für den Konzern: 7,3 Millionen Euro fließen in seine Tasche (im Vorjahr waren es allerdings noch 16 Millionen gewesen). Fast 5,9 Millionen Euro davon entfielen auf "erfolgsabhängige variable Gehaltsbestandteile". Abgesehen von dem Gehalt, das ihm ja bis Ende 2016 noch immer weiterbezahlt wird, obwohl er quasi vom Hof gejagt wurde. Immerhin hat er den Konzern wir die Titanic an den Eisberg geführt.
Winterkorns Nachfolger Matthias Müller erhielt im abgelaufenen Jahr rund 3,9 Millionen Euro. Müller saß als Chef der VW-Tochter Porsche bereits das gesamte Jahr 2015 über im Vorstand des Wolfsburger Konzerns - das Gros seines Gehalts stammt aus dieser Zeit.
Der ehemalige Finanzvorstand und jetzige Aufsichtsratschef Hans-Dieter Pötsch bekam laut Geschäftsbericht 2,9 Millionen Euro, verzichtete aber auf weitere 2,3 Millionen Euro. Einkaufschef Francisco Garcia Sanz bekam 5,4 Millionen Euro.
VW-Kernmarkenchef Herbert Diess bekommt 7,2 Millionen Euro, mit fünf Millionen Euro macht dabei aber den größten Anteil die Prämie für seinen Wechsel von BMW zu VW aus.
Absoluter Top-Verdiener im Vorstand war vergangenes Jahr der für das Nutzfahrzeuggeschäft zuständige Andreas Renschler. Er bekam rund 15 Millionen Euro - auch bei ihm ist der größte Teil davon eine Wechselprämie: 11,5 Millionen Euro für seinen Wechsel von Daimler zu Volkswagen "zur Kompensation von verlorengegangenen Ansprüchen".
Verzicht oder Nicht-Verzicht, das ist die Frage
Die genannten Boni setzen sich aus zwei Teilen zusammen: 28 Millionen Euro entfielen auf feststehende Anteile und etwa 35 Millionen Euro auf die erfolgsabhängigen variablen Bonuszahlungen. In dieser Summe ist auch jener 30-prozentige Anteil der variablen Vorstands-Vergütung enthalten, auf den die derzeit aktiven Mitglieder laut Beschluss des Aufsichtsrats von vergangener Woche nach einer monatelangen öffentlichen Diskussion zunächst verzichten. Er kann später in Form von Aktien unter bestimmten Bedingungen in drei Jahren noch ausgezahlt werden. Der zurückgehaltene Betrag beläuft sich auf etwa 4,2 Millionen Euro.
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