Journalisten werden immer mehr zur Zielscheibe in Kriegsgebieten und sind verstärkt Angriffen auf die Pressefreiheit ausgesetzt. "Es gab einen Paradigmenwechsel. Journalisten sind ins Visier von gewaltbereiten Gruppen, vor allem des Islamischen Staats geraten", sagte die Journalisten Petra Ramsauer bei einer Diskussion zum Welttag der Pressefreiheit am Dienstag.
Bei der Veranstaltung in der Austria Presse Agentur (APA), die vom Friedrich Funder-Institut (FFI) organisiert wurde, diskutierten Journalisten über die Gefahren für die freie Presse in Europa und in den Kriegsregionen. Während es vor einigen Jahren noch als Schutz galt, sich in Kriegsgebieten als Presse zu deklarieren, seien inzwischen Journalisten mehr und mehr selbst Ziel von Angriffen geworden, betonte Ramsauer.
"Terroristische Organisationen sind heute in der Lage, das eigene Narrativ zu erzählen", sagte auch Thomas Seifert von der "Wiener Zeitung". "Jeder, der einen YouTube-Account hat, kann seine Botschaft verbreiten." Kritische Fragen seien unerwünscht. "Das führt dazu, dass wir als Journalisten zur Zielscheibe ernannt werden."
Journalisten auch in Europa bedroht
Es gehe jedoch nicht nur um die Frage von Leben und Tod. Auch in Europa, etwa in Bosnien, würden Journalisten - etwa durch das Aufschlitzen der Autoreifen - bedroht. "Selbst in Mitteleuropa, auch wenn es hier nicht um Lebensgefahr geht, gibt es Tendenzen, die gefährlich werden können", bekräftigte Edgar Schütz von der APA. Es sei beängstigend, dass Tendenzen zur Einschränkung der Pressefreiheit wie in Ungarn oder Polen "einfach so hingenommen werden".
Auch in Deutschland sei die Anzahl der Anfeindungen und gewalttätigen Übergriffe gegen Journalisten deutlich gestiegen und "Lügenpresse"-Vorwürfe häuften sich. Schütz sprach außerdem die bedenkliche Quellenlage an: "Aus Kriegsgebieten wie Syrien werden wir in der Regel aus internationalen Agenturen versorgt und man muss sich täglich die Frage stellen, wie sehr man diesen vertrauen kann."
Kritik an falschen Vorwürfen der FPÖ
Die Gefahren der Einschränkung der Berichterstattungsfreiheit von Medien belegte Seifert mit zwei Beispielen aus Österreich: der falsche Vorwurf von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gegen den "Kurier"-Fotografen Jürg Christandl, dass dessen Foto, das Asylwerber bei einer FPÖ-Protestaktion zeigt, gestellt sei, sowie die ebenfalls von der FPÖ erhobenen Anschuldigungen gegen den ORF-Journalisten Ed Moschitz, er habe für eine Schauplatz"-Reportage junge Skinheads zu (strafrechtlich relevanten) Neonazi-Sagern angestiftet. "Dort fängt es an, indem man Journalisten behindert und sagt, wenn du in unseren Garten kommst, kriegst du Probleme", sagte Seifert.
"Ich habe mir momentan vom Islamischen Staat meine Berichterstattungsfreiheit nehmen lassen", sagte Ramsauer. Es sei ihr nicht mehr möglich, nach Aleppo zu reisen und zu berichten, in erster Linie weil die Gefahr eines Kidnappings durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) so hoch sei. "Es geht dabei nicht nur um meine Person, sondern ich würde damit auch ein politisches Risiko für Österreich eingehen", so Ramsauer. "Wir wissen nicht, was in Aleppo passiert, obwohl es momentan eines der wichtigsten Krisengebiete ist."
Auslandsberichterstattung unterfinanziert
Als Problem dabei nannte sie auch die Unterfinanzierung der Auslandsberichterstattung: "Es ist unumstritten, dass es gerade in diesem Bereich in den letzten zehn Jahren massive Einschränkungen gegeben hat", sagte Ramsauer. "Dadurch, dass insgesamt weniger Journalisten und etablierte Medien vor Ort sind, öffnen wir Tür und Tor für die Propaganda in sozialen Medien", meinte Ramsauer. "Um dem Vorwurf der Lügenpresse entgegenzuhalten, muss sich da etwas zu tun."
Thomas Kralinger, Präsident des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ) schlug dazu Kooperationen zwischen Medien vor. "Es wird nicht möglich sein, dass sich jeder Verlag eigene Aktivitäten leistet", sagte Kralinger. An Österreich kritisierte er in Bezug auf die Pressefreiheit das "nach wie vor überbordende Amtsgeheimnis". Das Redaktionsgeheimnis müsse weiter geschützt und die Presseförderung reformiert werden.
"Es ist gefährlich geworden dort draußen, unsere Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und wir unterliegen Repressionen", resümierte Martin Staudinger vom "Profil". Andererseits würden sich durch die technischen Möglichkeiten wie den Videodienst Skype auch neue Perspektiven für die Berichterstattung eröffnen, nannte er eine Chance für die Zukunft.
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