Am Donnerstag findet im ORF die letzte Präsidentschaftsdebatte statt. Die Hoffnung der Wähler heißt Ingrid Thurnher. Ohne Moderation haben sich Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen bei ATV peinlich aufgeführt. Sie waren hämisch, beleidigend und bösartig.
Hofer argumentierte mit Zitaten, die Geschlechtsorgane und Fäkalien beinhalteten, und schimpfte Van der Bellen einen Lügner. Dieser konterte mit "Schweinerei" und stellte sein Gegenüber mittels "Scheibenwischer" als bescheuert dar. Was noch trauriger ist: Es war Absicht.
Fünf Beispiele zeigen, dass rhetorische Tricks zur Anwendung kamen:
1. Bei unangenehmen Fragen unterstellt Hofer seinem Gegenüber gerne eine schlechte Eigenschaft. Etwa, dass der andere frustriert, nervös oder aggressiv sei. Empört sich dieser darüber, wird sein ursprüngliches Thema vergessen. Der Trick hat geklappt.
2. Genauso war Van der Bellens Einwand, welche internationalen Regierungen Herrn Hofer zum Wahlsieg gratulieren, ein Fallentrick. Wer fragt, bestimmt das Gespräch. Der Antwortende muss sich den Themenvorgaben des Gegners anpassen. Wen das ärgert, der ist auf die gezielte Provokation hereingefallen.
3. Dabei sind Gefühle menschlich. Heikel ist es, sie bewusst einzusetzen. Hofer klagte über Beflegelungen seiner Frau im Wahlkampf. Widerlich, wenn das passiert ist, doch warum erzählt er es Van der Bellen? Der Beschimpften hilft das kaum. Die Politikersprache ist so verdorben, dass verletzte Ehefrauen oder tote Flüchtlingskinder als Moralkeule dafür herhalten, warum der daran unschuldige Gegenkandidat ein Mistkerl sei.
4. Bücher über Kampfrhetorik beschreiben, wie man jemanden dumm aussehen lässt. In Lexika für Kinder finden sich politische oder wirtschaftliche 08/15-Begriffe, die Erwachsene aus dem Stegreif schlecht erklären. Professor Van der Bellen spekuliert auf eine Blamage Hofers, wenn er ihn listig nach Volkswirtschaft & Co. fragt. Würden Sie Konjunktur spontan richtig definieren? Eben.
5. Zudem werden Lebensläufe verzerrt dargestellt. Plötzlich ist Hofer ein Nazi und Van der Bellen ein kommunistischer Freimaurer - wegen der Mitgliedschaft in einer Burschenschaft für Schüler und einer Stimme für die KPÖ vor Jahrzehnten. Man will einander schlechtmachen.
Aristoteles und Cicero sagten, dass Rhetorik aus Sachargumenten und Inszenierung besteht. Man darf nie ein Minimum an inhaltlicher Seriosität unterschreiten und den Populismus nicht übertreiben. Das wäre eine Lösung für die ORF-Diskussion.
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