Platzt Deal mit EU?
Erdogan sortiert qualifizierte Flüchtlinge aus
Offenbar nützt die türkische Regierung den Flüchtlingsdeal mit der EU dazu, möglichst qualifizierte Syrer auszusortieren und Problemfälle im Austausch für zurückgenommene Flüchtlinge aus Griechenland wieder in die Europäische Union zu schicken. Wie "Der Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, haben mehrere Regierungen kritisiert, dass unter den Syrern, die aus der Türkei kommen, "auffällig viele Härtefälle" seien.
Der Vertreter Luxemburgs habe in einer internen Sitzung gesagt, dass die Vorschläge auffallend viele "schwere medizinische Fälle enthalten oder Flüchtlinge mit sehr niedriger Bildung". Ähnliches habe der deutsche Innenstaatssekretär Ole Schröder (CDU) dem Innenausschuss des Bundestags berichtet.
Nach Angaben aus Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg hätten die türkischen Behörden in den vergangenen Wochen mehrfach bereits erteilte Ausreisegenehmigungen zurückgezogen. Dabei solle es sich um gut ausgebildete Ingenieure, Ärzte oder Facharbeiter gehandelt haben.
Syrische Akademiker dürfen nicht ausreisen
Inzwischen habe die Türkei dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR gegenüber offiziell erklärt, dass syrische Akademiker nicht mehr ausreisen dürften. Im Flüchtlingsabkommen habe die Türkei durchgesetzt, dass sie eine Auswahl treffen dürfe, welche Syrer ausreisen dürften. Normalerweise entscheidet das UNHCR, wer für ein Umsiedlungsprogramm infrage kommt.
NGO: "Merkel hat Menschenrechte für Deal geopfert"
Der "Spiegel"-Bericht erschien just vor der Türkei-Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel sorgt für zusätzlichen Zündstoff beim Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Den Flüchtlingspakt mit Ankara hatte Merkel maßgeblich vorangetrieben. Zahlreiche NGOs fordern mittlerweile die Aussetzung des Abkommens. So meinte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt am Samstag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: "Die Kanzlerin hat die Menschenrechte von Flüchtlingen geopfert für diesen Deal."
Merkel lobt die Türkei: "Sie leistet humanitäre Hilfe"
Merkel selbst lobte am Samstag die Anstrengungen der Türkei in der Flüchtlingskrise. "Die Türkei hat durch die Aufnahme von drei Millionen syrischen Flüchtlingen gezeigt, dass sie nicht nur über humanitäre Hilfe spricht, sondern sie auch leistet", sagte die Regierungschefin am Samstag in ihrem wöchentlichen Video-Podcast. Auf die aktuellen Vorwürfe gegen die Türkei wegen Verletzungen der Menschenrechte, Gewaltanwendung auch gegen Flüchtlinge sowie Repressalien gegen Oppositionspolitiker ging Merkel dabei nicht ein.
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