Nach diesem stundenlangen Wahlkrimi kann Alexander Van der Bellen endlich durchatmen: Seine Aufholjagd war ein Riesenerfolg, die Kampagne seiner beiden Wahlkampfmanager Lothar Lockl und Martin Radjaby war professionell und sympathisch (die Drecksarbeit, sämtliche Norbert-Hofer-Sympathisanten ins Nazi-Eck zu stellen, wurde an andere willfährige Helfer und einige Social-Media-Charakterschweinderln delegiert).
Dem 72-jährigen Van der Bellen konnte somit nicht einmal die recht peinliche Aktion der ORF-Moralisten schaden, die absolut unnötig und live im allerletzten TV-Wahlduell eine "Wer lügt mehr?"-Tempelberg-Debatte vom Zaun gebrochen hatten, die Hofer erneut in die Opferrolle drängte.
Der langsam sprechende Universitätsprofessor behielt im Wahlkampf die Nerven, nur ein einziges Mal verlor er die Beherrschung: als der stellvertretende Vorsitzende der FPÖ ihn in der höchst seltsamen ATV-Konfrontation minutenlang reizen konnte. Sonst blieb "VdB" gelassen, herzlich - und sammelte damit wichtige Punkte.
Dass der Ex-Chef der Grünen jetzt klug genug ist, auf die Millionen Hofer-Wähler zuzugehen, ihnen die Hand zu reichen, darf angenommen werden: Van der Bellen muss versuchen, mit Herz und Hirn die aktuelle Spaltung unseres Landes zu verringern.
Noch eins zu Norbert Hofer: Ein schwerer Fehler in seinem Amtsverständnis dürfte ihn den Sieg gekostet haben. Viele Politikexperten hatten ihn gewarnt, andauernd über seine künftigen Möglichkeiten zur Entlassung der Regierung zu referieren - im Land wuchs aufgrund seiner Nero- und Caligula-Rhetorik eine große Skepsis, ja sogar eine gewisse Angst vor diesem Führertypus. Der Spin vom kornblumenblauen Mini-Kaiser war dann doch um einige Stimmen zu krass.
Apropos Verlierer: Dass ein FPÖ-Kandidat fast 50 Prozent der Stimmen erhält, ist für die rot-schwarze Bundesregierung das bisher größte Debakel bei einer Wahl. Ohne angetreten zu sein...
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