Nach Kurz-Vorstoß:

Doskozil für Asylzentren in Nordafrika

Österreich
07.06.2016 16:40

"Wir müssen dem Sterben im Mittelmeer ein Ende setzen", sagt Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil und belebt einen Vorschlag von Ex-ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner aus dem Vorjahr neu. Er plädiert für Asyl- und Migrationszentren in Nordafrika - nur noch dort sollen die Flüchtlinge ihren Asylantrag stellen können. Experten bescheinigen dem Plan: Das Grundkonzept stimmt, die Umsetzung ist schwierig.

Die Zentren sollen von der Europäischen Union sowie vom Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen, UNHCR, betrieben werden. "Dort sollen die Flüchtlinge ihren Asylantrag stellen und die Verfahren nach EU-Standards durchgeführt werden. Für all jene, die als schutzbedürftig angesehen werden, soll die EU die sichere Überfahrt nach Europa gewährleisten. Wer kein Recht auf Asyl hat, muss ins Herkunftsland zurückgeführt werden", so Verteidigungsminister Doskozil.

Boot mit Migranten (Archivbild) (Bild: AP)
Boot mit Migranten (Archivbild)

Schleppern das Handwerk legen 
Damit soll auch den Schleppern das Handwerk gelegt werden, da nur noch Asylanträge aus diesen Zentren akzeptiert würden. Werden Flüchtlinge dort vorbeigeschleust, sollen sie wieder ins Auffanglager in Nordafrika gebracht werden, so Doskozil.

Die Koalition streitet unterdessen weiter über den Vorschlag von Außenminister Sebastian Kurz - Flüchtlinge im Mittelmeer abfangen und auf einer Insel internieren. Auf SPÖ-Seite wollen sich nur Kanzler Christian Kern und Doskozil den Vorschlag zumindest anschauen. Die restliche rote Regierungsmannschaft hat sich auf Kurz eingeschossen und hält mit der Kritik nicht hinter dem Berg.

Video: Kurz-Plan als Streitpunkt im Ministerrat

EU-Plan: Länder belohnen oder hart strafen
Auch die EU hat nun einen neuen Plan vorgelegt: ein Bonus-Malus-System mit "positiven und negativen Anreizen". Brüssel setzt dabei auf die Zusammenarbeit mit afrikanischen und arabischen Staaten. Nehmen die Länder Flüchtlinge zurück oder lassen sie nicht weiterreisen, werden sie belohnt. Rund acht Milliarden Euro sollen eingesetzt werden. Gibt es keine Kooperation, drohen Strafen - etwa die Streichung von Handelserleichterungen.

Kurz begrüßt Doskozils Vorschlag 
Kurz begrüßte unterdessen den Vorschlag von Doskozil. "Asylzentren außerhalb des Kontinents sind auch Teil des australischen Modells", so ein Sprecher des Außenministers. "Das Ziel muss sein, dass die Rettung nicht mit einem Ticket nach Mitteleuropa verbunden ist und damit das Sterben im Meer ein Ende hat." Der Sprecher wiederholte die Position des Außenministers, wonach die illegale Migration gestoppt und stattdessen legale Wege nach Europa geschaffen werden müssten.

(Bild: APA/AFP/MAHMUD TURKIA)

Kommentar von Doris Vettermann: Reden ist Silber, Handeln ist Gold
Nun jagt wieder ein Vorschlag zur Lösung - oder zumindest Milderung - der Flüchtlingskrise den nächsten. Das ist einerseits gut, wenn es Leute gibt, die sich darüber Gedanken machen und sich nicht auf den simplen Bau von Mauern und Zäunen beschränken. Denn immerhin geht es um nichts weniger als Menschenleben - von Jänner bis Ende Mai sind bereits 2400 Flüchtlinge auf der gefährlichen Überfahrt nach Europa im Mittelmeer ertrunken.

Andererseits müssen den vielen Worten, Appellen und Ideen nun auch endlich Taten folgen. Daher wäre es angebracht, konstruktiv über die einzelnen Vorstöße zu diskutieren und sie nicht im Vorhinein gleich einmal zu verteufeln. Sonst wird nie etwas weitergehen.

Zugegeben, alle Vorschläge sind noch nicht ausgereift. So ist etwa unklar, woher die Milliarden für den EU-Bonus-Malus-Plan kommen sollen. Zahlreiche europäische Länder haben hinlänglich erklärt, sich an einer gemeinsamen Lösung nicht beteiligen zu wollen. Fest steht aber: Geld ist und bleibt das größte und beste Druckmittel gegen unkooperative Staaten - sowohl inner- als auch außerhalb Europas.

Auch das Vorhaben von Verteidigungsminister Doskozil stößt auf große Hürden: Libyen oder Marokko, die sich weigern, Flüchtlinge zurückzunehmen, werden nun wohl nicht mit großem Jubel einem riesigen Asylzentrum in ihrem Land zustimmen.

Das heißt aber nicht, dass man es nicht versuchen sollte.

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