Gut: Die Anzüge des Kanzlers Christian Kern machen was her. Auch seine Instagram-Fotos sind stylish - und die kurzen Bildtexte darunter vermitteln mehr Inhalt als bisher alle Interviews der neuen Regierungsmitglieder zusammen.
Eine aktuelle Umfrage unter den "Krone"-Lesern belegt, was viele Österreicher ohnehin schon seit Tagen spüren: Der "neue Stil" der Bundesregierung Kern ist bloß ein nettes Versprechen. Mehr nicht. 93,7 Prozent der Teilnehmer am Online-Voting können den angekündigten "New Deal" nicht erkennen - und sind dementsprechend sauer. Der Zorn wächst, weil die neuen Regierungsmitglieder nicht die tatsächlich massiven Probleme ansprechen, sondern sich in einer Meisterschaft der Sprechblasen-Aufsagerei überbieten wollen.
Derzeit weit in Führung: die neue Bildungsministerin. Sonja Hammerschmid glänzt mit ciceronischer Rhetorik wie "Wir werden uns auf Lösungen einigen" oder "Da müssen wir evaluieren" und mit dem Klassiker: "Wir werden mit allen sprechen."
Von Staatssekretärin Muna Duzdar ist dagegen gar nicht viel zu hören - vermutlich wird derzeit noch ihr Büro politisch korrekt (mit den passenden Fahnen) dekoriert. Und Duzdar muss eigentlich auch gar nicht viel reden: Die Provokation der Kultusgemeinde gelang und gelingt auch nonverbal.
Der Bundeskanzler selbst hat in bisher drei feinen Reden relativ ähnlich immer wieder die gleichen Statements geliefert. Der von ihm gepredigte "neue Stil" zerbröselt aber an den alten Koalitions-Ritualen: Die Rechnungshof-Packelei zwischen Andreas Schieder (SPÖ) und Reinhold Lopatka (ÖVP) lief ab, wie's wir Österreicher längst leidig sind - der beste Bewerber fiel durch, eine Parteifreundin bekam den 15.000-Euro-Präsidentenjob (und wird ewig zu Dank verpflichtet sein).
Und bei konkreten Problemen weicht Kern aus: Während sich Tausende Österreicher darüber große Sorgen machen, wie viele Asylwerber noch in unser ziemlich kleines Land kommen dürfen und wie deren Versorgung klappen könnte, meinte der Kanzler zur heftig diskutierten Asyl-Obergrenze nur: "Mich interessiert diese Zahlendiskussion im Grunde genommen nicht besonders."
Der neue Regierungschef wird aber bald etwas konkreter werden müssen: Aus Italien werden täglich neue Rekord-Flüchtlingszahlen gemeldet, bei unserem chaotisch verwalteten südlichen Nachbarn wird sie niemand am Weg zum Brenner aufhalten. Allein am Mittwoch wurden wieder 2000 Migranten aus dem Mittelmeer gerettet - in drei bis sechs Wochen sind sie an unserer Grenze. Spätestens dann wird sich zeigen, wie bekannte Krisensituationen in einem "neuen Stil" bewältigt werden...
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