Die Diskussion zwischen Internetprovidern und Musik- sowie Filmwirtschaft in puncto Netzsperren geht weiter: Nachdem das Handelsgericht Wien im Vorjahr per einstweiliger Verfügung festhielt, dass bei Urheberrechtsverletzungen Internetprovider zur Sperre von Websites verpflichtet werden können, hob das Oberlandesgericht Wien (OLG) diese Pflicht nun wieder auf. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Die Ende Mai ergangene Entscheidung, gegen die die Verwertungsgesellschaft LSG den Rechtszug zum Obersten Gerichtshof (OGH) antreten kann, sieht grundsätzlich eine Bringschuld der Rechteinhaber beim Verdacht von Rechtsverletzungen vor. Dementsprechend könne eine Verpflichtung zur Sperre von Websites als "ultima ratio nach europarechtlichen Grundsätzen" nur dann in Betracht kommen, "wenn Rechteinhaber zuvor zumutbare Anstrengungen unternommen haben, gegen diejenigen Beteiligten vorzugehen, die die Rechteverletzung selbst begangen haben oder dazu beigetragen haben".
Im betreffenden Fall habe die LSG argumentiert, dass die Teilnehmer von BitTorrent-Angeboten nicht zu identifizieren seien, "da sie nur mit Nick-Namen aufscheinen und ihre IP-Adresse in Österreich vom Provider nicht beauskunftet werden dürfe". Aus Sicht der Provider sei dies "nur eine allgemeine Behauptung juristischer Nichtgreifbarkeit", was auch das Gericht entsprechend sah. Folglich "musste der gegen Access-Provider eingebrachte Sicherungsantrag schon mangels ausreichenden Vorbringens zur Inanspruchnahme der vorrangig zu belangenden Rechtsverletzer erfolglos" bleiben.
ISPA spricht von "wichtigem Meilenstein"
Die Internet Service Provider Austria (ISPA) beurteilten die Entscheidung als "wichtigen Meilenstein", würden dadurch doch "Sperren auf Zuruf" erschwert. Weitere Sperraufforderungen seien bereits bei einigen Providern eingelangt. "Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Rechteinhaber nun ihre Felle hinwegschwimmen sehen und daher versuchen den Druck auf die Provider neuerlich zu erhöhen und die eigene Verantwortung abzuwälzen, anstatt den Ausgang der derzeit anhängigen Verfahren abzuwarten", so ISPA-Generalsekretär Maximilian Schubert am Dienstag.
Seitens des Verbands der österreichischen Musikwirtschaft IFPI hieß es, dass man gegen den Beschluss des OLG "selbstverständlich ein Rechtsmittel" einbringen werde. In Österreich könne man gegen einzelne User aufgrund datenschutzrechtlicher Gründe nicht vorgehen, zudem scheitere ein Vorgehen gegen die Betreiber der illegalen Websites "aus faktischen Gründen", würden diese doch ihre Identität verschleiern. "Die Grundlagen für Website-Blocking in Österreich wurden in einem vierjährigen Musterverfahren unter Einbeziehung des Europäischen Gerichtshofs rechtskräftig geklärt. Im vorliegenden Beschluss des OLG Wien sehen wir die Interessen der Kunstschaffenden und der Kulturproduzenten nicht berücksichtigt", so IFPI-Geschäftsführer Franz Medwenitsch.
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