Zu viel Natur?

Waldkindergarten: Widerstand gegen ein Projekt

Leben
22.07.2016 10:33

In unserer heutigen Gesellschaft ist es leider oft so, dass Kinder die wirkliche Natur nur mehr aus dem Fernsehen kennen. Umso schöner, dass es immer wieder Projekte gibt, die Kinder wieder zurück nach draußen holen wollen - wie etwa der Waldkindergarten Graz. Dennoch findet das Projekt keine vorbehaltlose Unterstützung. Was dahintersteckt, erfahren Sie hier.

Die Kindergruppe „Waldkindergarten Graz“ arbeitet nach einem ganz besonderen Konzept: Die Kinder sollen den ganzen Tag an der frischen Luft und in der Natur sein. Es gibt kein klassisches Spielzeug, das Spielzeug ist die Natur: Bäume, auf die man klettern kann. Steine, mit denen man etwas bauen kann. Blätter, Beeren und Wurzeln, die man sammeln und mit denen man spielen kann. Und kindgerechtes Werkzeug, mit dem man allerlei Dinge aus der Schatzkiste der Natur selbst basteln kann. So lernen die Kinder die Naturgesetze in spielerischer Form kennen und erhalten praktisches Wissen für ihr ganzes Leben.

Den ganzen Tag draußen
Ein klassisches Haus gibt es nicht - Schutz vor schlechtem Wetter bietet ein Tipi. Dadurch wird das Immunsystem der Kinder gut trainiert: Sie sind nicht häufiger oder seltener verkühlt als Kinder in anderen Kindergärten auch, aber sie werden schneller wieder gesund. Dazu kommt, dass die viele Bewegung gut ist für die motorische und geistige Entwicklung. Und die Kinder? Die lieben es. Schließlich ist die Natur der beste Abenteuerspielplatz überhaupt. Unter der Aufsicht dreier PädagogInnen kann den ganzen Tag gespielt, getobt, und ganz nebenbei gelernt werden. Und zu Mittag gibt es das über der Feuerstelle im Tipi selbst gekochte Essen.

Breite Zustimmung? Leider nein …
Der Waldkindergarten Graz lebt von der Unterstützung der Eltern. Sie zahlen rund 200 Euro pro Monat für die Betreuung, denn finanzielle Zuschüsse vom Land Steiermark gibt es nicht. Aktuell wird das Projekt seitens des Landes sogar verwaltungsrechtlich verfolgt, der Titel "Kindergarten" darf nicht verwendet werden. Die Begründung: Nachdem es keinen geschlossenen Raum für die Kinder gebe und die Verletzungsgefahr zu groß sei, passe das Projekt nicht in die Regelungen des Landes für derartige Einrichtungen.

Man überlege zwar die Schaffung einer entsprechenden Rechtsgrundlage - bis dahin ist das Projekt "Waldkindergarten Graz" jedoch auf sich allein gestellt.

(Bild: Waldkindergarten Graz)

Betreiber kämpfen um Unterstützung
Die Betreiber des Waldkindergartens Graz wollen nun als nächsten Schritt einen formellen Antrag abgeben, den alle im Bildungsausschuss vertretenen Landtagsabgeordneten und die zuständige Landesrätin Ursula Lackner sowie Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer erhalten sollen. Ziel ist die Anerkennung des Projekts als Modellversuch.

Man verstehe die Haltung der Behörden, die um die Sicherheit der Kinder und die Einhaltung der gängigen Standards bemüht seien. Daher wird in dem Antrag die Daseinsberechtigung des Projekts mit wissenschaftlichen Belegen sowie Verweis auf nationale und internationale Richtlinien untermauert. Auch wird auf den Bedarf an Kindergartenplätzen verwiesen.

Die Betreiber des Waldkindergartens laden zu weiteren Gesprächen ein und hoffen, dass ihr Projekt die Chance bekommt, weiterzuleben.

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(Bild: kmm)



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