Afghanen in Wien

“War ein guter Junge, jetzt bin ich sch***e”

Österreich
20.07.2016 16:01

Junge Afghanen landen in Österreich vermehrt in den Schlagzeilen. Immer wieder liest man von Männern, die in Drogengeschäfte und Massenschlägereien verwickelt sind. Gerade nach dem Anschlag in einem deutschen Zug, bei dem ein erst 17 Jahre alter Afghane vier Menschen schwer verletzt hat, steigen Wut und Angst auch hierzulande. Doch wer sind diese Männer überhaupt?

Die ORF-Sendung "Am Schauplatz" (Ausschnitte sehen Sie im Video oben) zeigt einen Einblick in die Lebenswelt der Jugendlichen aus Afghanistan, die in den Parks von Wien zumeist tschetschenischen Jugendgruppen gegenüberstehen.

"24 Stunden im Park"
"Ich bin 24 Stunden im Park", erzählt etwa Achmadullah (20) aus Afghanistan. Er ist 2011 mithilfe eines Schleppers nach Österreich gekommen. "Damals war ich ein guter Junge und wollte es im Leben weiterbringen", sagt er. "Jetzt bin ich scheiße geworden." Er träumt von einem normalen Leben und einem richtigen Job. Einen Deutschkurs hat er bereits angefangen. Wie so viele nach ihm ist er mutterseelenallein geflüchtet.

"Ich spreche fünf Sprachen, aber ich kann meinen eigenen Namen nicht schreiben", erzählt ein anderer afghanischer Jugendlicher in der Venediger Au. Die Bildungslücken aufzuholen, sei nicht gerade einfach.

(Bild: Screenshot ORF)

"Kennen nur die Sprache der Gewalt"
Die afghanische Community versucht, sich um die Jugendlichen zu kümmern. Aber es seien inzwischen zu viele, sagt der Obmann des afghanischen Kulturvereins, Ghousuddin Mir. "Wir versuchen, ihnen zu helfen, aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt." Ein großes Problem sei auch, dass die Jugendlichen mit dem Alltag überfordert seien. "Die jungen Burschen kennen nur die Sprache der Gewalt. Auch das Frauenbild der jungen Afghanen birgt Konfliktpotenzial. Sie kennen es nicht, dass Frauen selbstbestimmt leben, so wie sie es in Österreich tun", so Mir.

Bei den tschetschenischen Jugendlichen ist die Flucht schon länger her - aber auch bei ihnen hat die Integration oft nicht funktioniert. Said (18) und seine Clique verbringen ihre Tage im Park. Er ist seit zehn Jahren in Österreich. "Ich wollte eigentlich Arzt werden, weil mein Vater im Krieg in Tschetschenien gefallen ist", erzählt er. "Aber es hat nicht geklappt mit der Schule. Ich konnte nicht so gut Deutsch." Jetzt ist er arbeitslos, wie viele seiner Freunde.

"Eine verlorene Generation"
"Sie sind eine verlorene Generation. Vaterlos", beschreibt es Hyssein Iskahanov, einer der sogenannten Ältesten in der tschetschenischen Gemeinschaft. Er war Politiker in Tschetschenien und fühlt sich für die Jugendlichen verantwortlich. "Wir müssen sie aus den Parks wegbringen. Dort lernen sie nur eines: Gewalt. Und sie geben das an ihre jüngeren Brüder weiter."

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