Bluttat in München

Täter (18) verherrlichte Amokläufer von Winnenden

Ausland
23.07.2016 11:38

Der 18-jährige Deutsch-Iraner Ali David S. (im Bild), der am Freitagabend bei seinem Amoklauf im Olympia-Einkaufszentrum im Norden Münchens neun Menschen erschossen und 16 weitere teils schwer verletzt hat, hat sich laut Angaben aus Sicherheitskreisen intensiv mit Computer-"Ballerspielen" beschäftigt und den Attentäter des Amoklaufs von Winnenden bei Stuttgart verherrlicht. Dort hatte 2009 ein 17-Jähriger an seiner früheren Realschule und auf der anschließenden Flucht 15 Menschen und sich selbst getötet.

Wie der Attentäter von Winnenden habe auch Ali David S. Probleme in der Schule gehabt, hieß es. Er sei in München aufgewachsen, seine Eltern seien in den 1990er-Jahren vom Iran in die Bundesrepublik gekommen.

Er lebte bis zuletzt bei seinen Eltern. Der Vater ist Taxifahrer, die Mutter arbeitete nach den Worten einer Nachbarin als Verkäuferin bei einer Warenhauskette. Zur Familie gehört noch ein weiterer Sohn. Die Wohnung der Familie befindet sich an der Dachauer Straße, eine der wichtigen Hauptstraßen mitten in München. Zum Leben der Familie konnten die Ermittler zunächst wenig sagen. Polizeipräsident Hubertus Andrä beschrieb die Eltern als viel zu schockiert, um weitergehende Aussagen zu treffen.

Ali David S. richtete in München ein Blutbad an. (Bild: AP)
Ali David S. richtete in München ein Blutbad an.

Ermittler: "Klassischer Amoktäter"
Nach ersten Erkenntnissen ist der junge Mann nie im Zusammenhang mit politisch motivierter Kriminalität in Erscheinung getreten. Das Motiv für die Bluttat sei noch unklar, es werde aber in alle Richtungen ermittelt, so die Polizei. Ali David S. hatte sich nach seinem Amoklauf selbst gerichtet.

Im Zimmer des 18-Jährigen, der sich vor den Augen von Polizisten mit einem Schuss in den Kopf getötet hatte, wurde laut Andrä Material zum Themenkreis Amok, darunter entsprechende Zeitungsartikel sowie das Buch "Amok im Kopf: Warum Schüler töten" gefunden. "Mit dem Thema hat sich der Täter offenbar intensiv beschäftigt", sagte Andrä. Darum geht die Münchner Staatsanwaltschaft vorerst nicht von einer "politischen Motivation" des Täters aus, sondern glaubt, dass es sich bei der Tat um einen klassischen Amoklauf handelt. Es gebe keinen Hinweis auf einen Bezug zur Terrormiliz Islamischer Staat, sondern Hinweise auf einen Amok-Hintergrund, hieß es Samstagmittag bei einer Pressekonferenz der Polizei. Beim 18-Jährigen handle es sich um einen "klassischen Amoktäter".

Täter war vermutlich psychisch krank
Nach Angaben der Ermittler soll Ali David S. auch eine Erkrankung "aus dem depressiven Formenkreis" gehabt haben, wie Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch sagte. Details nannte er nicht. Die Ermittler gehen außerdem von einem Zusammenhang mit dem Attentat des Norwegers Anders Behring Breivik aus, dessen Amoklauf sich am Freitag zum fünten Mal jährte. "Diese Verbindung liegt auf der Hand", sagte Andrä. Breivik hatte 2011 aus rechtsextremen Motiven getötet.

Fremdenhass trotz iranischer Wurzeln?
Und auch bei S. wird über Fremdenhass spekuliert. Trotz seiner iranischen Wurzeln sah sich der Attentäter nicht als Ausländer. "Ich bin Deutscher" ist von ihm auf einem während der Tat entstandenen Video zu hören, das die Polizei als authentisch einstuft. Die "Bild"-Zeitung berichtete, er habe sich an seiner Schule von Türken und Arabern gemobbt gefühlt. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft wollte dies zunächst nicht bestätigen. Er sprach aber davon, dass es "Anhaltspunkte" für solche Schulprobleme gebe. Unter den neun zum großen Teil jugendlichen Opfern waren auffällig viele mit ausländischer Herkunft.

Nachbarin: "Der Junge war sehr, sehr nett"
Nachbarn im Mietshaus im Münchner Stadtteil Maxvorstadt beschrieben Ali David S. gegenüber deutschen Medien als freundlich und hilfsbereit. "Der Junge war sehr, sehr nett. Ich kann nichts Schlimmes sagen", berichtete eine Nachbarin. "Er war eine gute Person, ein guter Mensch. Ich habe ihn nicht einmal sauer gesehen, niemals habe ich Probleme mit der Polizei oder Nachbarn gehört."

Einsatzkommando stürmte Wohnung
Noch in den Nachtstunden hatte ein Spezialeinsatzkommando die Wohnung in der Münchner Maxvorstadt gestürmt (Video unten), in der der junge Mann bei seinen Eltern lebte. Die Wohnung liegt nördlich der Altstadt und nur wenige Kilometer vom Tatort entfernt. Das mehrstöckige Wohnhaus wurde weiträumig abgesperrt, Ermittler sicherten EDV-Material und trugen Kartons mit Unterlagen aus dem Haus.

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