Ein Bibliothekar in der SPÖ-Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße hat jahrelang unbemerkt für die kommunistischen Geheimdienste in Ungarn und der damaligen Tschechoslowakei spioniert. Entsprechende Briefe und interne Dokumente seien nun in einem Archiv in Budapest entdeckt worden, wie das Nachrichtenmagazin "profil" in seiner am Montag erscheinenden Ausgabe berichtet.
Richard K. (Decknamen: Herick und Voral), der 1988 verstarb, hat laut "profil" von 1975 bis zu seinem Tod Briefe von SPÖ-Politikern wie Bruno Kreisky, Karl Blecha, Fritz Marsch und Peter Jankowitsch sowie interne Parteidokumente und persönliche Analysen der österreichischen Innen- und Außenpolitik nach Budapest und Prag geschickt. Alle zwei oder drei Monate soll er dafür zwischen 8000 und 10.000 Schilling (rund 580 bis 725 Euro) kassiert haben.
Der ungarische Historiker und Universitätsprofessor Lajos Gecsényi hatte die in 45 Ordnern gesammelten Berichte und Akten von Richard K. erst vor wenigen Monaten im Historischen Archiv des Nachrichtendienstes in Budapest entdeckt.
Wie aus den Akten hervorgeht, hatte K. auch Zimmerpläne und Schlüsselabdrucke von Büros in der SPÖ-Zentrale und im Renner-Institut angefertigt. Damit konnten ungarische Agenten in die Parteizentrale eindringen, was Aktenvermerke des Geheimdienstes über nächtliche "Operationen" belegen.
"Unauffälliger Mensch, der immer freundlich grüßte"
Der damalige Innenminister Karl Blecha ließ 1984 die Büros in der SPÖ-Zentrale auf Abhöreinrichtungen durchsuchen. "Aber es wurde damals nichts gefunden", so Blecha heute. K. habe er als "unauffälligen Menschen, der immer freundlich grüßte", in Erinnerung.
Die Berichte von K. wurden vom Nachrichtendienst in Ungarn an den KGB in Moskau weitergeleitet. Ein hochrangiger KGB-Offizier habe sich laut "profil" 1985 für K's Analysen über den Ost-West-Handel und die Energiepolitik Österreichs "bedankt".
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