Die unappetitlichen Ränkespiele zwischen SPÖ und ÖVP um die Besetzung des Chefpostens im ORF hatten auch ihr Gutes. Durch den Machtkampf kam unter anderem zutage, dass der ORF bei den Finanzen auf "heftige Turbulenzen" zusteuert. Das sagte zumindest der Kaufmännische Direktor des Senders, und der sollte es wissen. Bald schon drohe dem ORF eine Lücke von 30 bis 50 Millionen Euro - jährlich, wohlgemerkt. Und geschlossen werden könne dieses Loch nur durch eine Erhöhung der Gebühren oder irgendwie anders, jedenfalls aber am Ende mit dem Geld der Steuerzahler.
So wird eben (nach wie vor) in staatsnahen Betrieben gerechnet: Man gibt Geld aus, das nicht da ist, weil es am Ende ohnehin irgendein anderer zahlt. Von der Idee, erst so viel zu sparen, bis Einnahmen und Ausgaben in einem gesunden Verhältnis zueinander stehen, weiß man in einigen dieser aufgeblähten Apparate eher nur vom Hörensagen. Sparen, bis es wehtut, will dort keiner. Müssen sie im ORF auch nicht. Weil in der Politik haben sich immer welche gefunden, die recht schnell mit dem öffentlichen Geldbeutel zur Hilfe eilen.
Da ist jetzt beispielsweise aus dem sozialdemokratischen Eck der Regierung zu hören, dass man den wiederbestellten ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz bei der Verwirklichung seiner "Digital-Strategie" unterstützen müsse. Und das koste Geld. Viel Geld. Öffentliches Geld. In einer Zeit, in der Finanzminister Hans Jörg Schelling jeden Euro und jeden Cent braucht, um den Staat (den Sozialstaat) halbwegs am Laufen zu halten.
Regierung interessiert sich für "Digital-Strategie"
Nun haben Teile der Regierung offenkundig großes Interesse an der "Digital-Strategie" des ORF. Dahinter verbirgt sich der Ausbau auch nicht mehr ganz neuer Kommunikationsmethoden im Internet, den sozialen Medien, mit Apps und einem eigenen YouTube-Kanal. Das sind Bereiche, in die private Unternehmen eine Menge eigenes (!) Geld investieren und damit eigene Ideen entwickeln, um auf einem umkämpften Markt bestehen zu können. Auf diesen, von privaten Firmen ausreichend bedienten, vielleicht schon übersättigten Markt, drängt nun der ORF - kann das aber nur mit millionenschweren Subventionen schaffen.
Ein Musterbeispiel dafür, wie mit öffentlichen Förderungen eine unter schwierigen Umständen funktionierende Wirtschaft kaputt gemacht werden könnte. Aber für Macht und Einfluss war "der Politik" selten etwas zu teuer. Daher sollte es niemanden überraschen, wenn hinter den Kulissen überlegt wird, wie eine Stärkung des ORF in den Weiten des Web finanziert werden könnte.
Twitter und Facebook statt "ZiB" und Co.
Kanzler und Minister wissen, dass sie über "ZiB" und Co. immer weniger Menschen erreichen. Daher werden neue Möglichkeiten für einigermaßen kontrollierbare Verlautbarungen gesucht. Die einzige Partei, der es gelungen ist, ihre politischen Botschaften auf Facebook, über Internet-TV und Twitter zu verbreiten, ist die FPÖ.
Das digitale Feld haben SPÖ und ÖVP den Freiheitlichen weitgehend kampflos überlassen. Ein Schelm, der nun denkt, dieses schwere strategische Versäumnis sollte nun durch den ORF wettgemacht werden? Es sieht so aus, als bahne sich zwischen Politik und ORF eine teure Affäre an.
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