Pechsträhne oder Unvermögen? In Wiens Gesundheitspolitik gibt es derzeit viele "Baustellen": Ärztestreik, Versorgungsengpässe, Mangel an Jungmedizinern und so weiter. Und der nächste Problemfall, welcher der Chefetage des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) schlaflose Nächte bereiten dürfte, ist bereits aufgetaucht: ein Bauskandal um das Wilhelminenspital in Wien-Ottakring. Der dringend benötigte OP-Trakt wird erst um ein Jahr später fertig als geplant. Jetzt will der KAV eine Pönale in Millionenhöhe vom Bauträger.
Schon die scheinbar endlose Baustelle im Krankenhaus Nord hatte für Schlagzeilen gesorgt, jetzt zeichnet sich ein neuer Skandal ab. Seit Anfang März sollte der Zentral-OP II im Wilhelminenspital fertiggestellt sein. An dem OP-Trakt wird seit 2015 gebaut, berichtet der "Kurier". "Derzeit wird von einer möglichen Inbetriebnahme ab Frühjahr 2017 ausgegangen", heißt es beim KAV.
Bei dem Objekt handelt es sich sogar "nur" um ein Interimsgebäude, in das unter anderem acht OP-Säle übersiedelt werden sollen, bis für sie etwa 2023 ein fixes neues Gebäude zur Verfügung stehen wird. Der KAV hat das Objekt vom Bauträger gemietet, über die Bau- und Mietkosten hüllen sich beide Seiten in Schweigen.
Keiner will schuld sein
Gegenüber dem "Kurier" weisen sowohl die Baufirma als auch der KAV die Schuld von sich. In einer Stellungnahme gegenüber krone.at erklärte der KAV, dass bei einer Begehung kürzlich eine Reihe von Baumängeln festgestellt worden sei. Außerdem habe man die Baufirma aufgefordert, einen verbindlichen Zeitplan zu erstellen, was seither nicht passiert sei: "Der KAV hat das Objekt noch nicht übernommen und zahlt daher auch keine Miete."
Am 19. Juli gab es zudem einen enormen Wasserschaden, der ein Drittel der Gebäudefläche und die Hälfte der acht OPs, die Labors und die Intensivstation betraf. Ursache: Ein Wasserhahn in einem Intensivzimmer im obersten Stockwerk hatte sich aus der Wand gelöst, das Wasser trat ungehindert aus und floss durch Schächte in die darunter liegenden Stockwerke. "Die Erhebung des Schadensausmaßes ist noch im Laufen und Angelegenheit der Errichterfirma/Gebäudeeigentümerin und deren Versicherung", heißt es vom KAV. Bis Ende vorige Woche seien Trocknungsgeräte in vier Stockwerken im Einsatz gewesen.
KAV: "Kein Schaden für Patienten"
Gegenüber krone.at betont der KAV, dass durch die Verzögerung den Patienten kein Schaden entsteht: "Die Behandlungen werden in der gewohnten Qualität durchgeführt." Alle bisher genutzten OP-Säle könnten ohne Einschränkung weiter bis zur Inbetriebnahme des neuen Traktes benutzt werden. "Es kommt deswegen auch zu keinen verlängerten Wartezeiten auf Operationen im Wilhelminenspital."
Inzwischen interessiert sich auch die Wiener ÖVP in einer Anfrage für das verunglückte Bauprojekt. Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec: "Wie kann es sein, dass bei einem so wichtigen Spitalsprojekt wie dem Umbau des Wilhelminenspitals ein zentraler OP-Komplex erst ein Jahr später als geplant fertiggestellt wird? Wir verlangen von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely umfassende Aufklärung."
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