Nowotny "ehrlich":

“Türkei ohne Chance auf EU-Vollmitgliedschaft”

Wirtschaft
02.09.2016 16:55

Mit ungewohnt klaren Worten hat Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny das schwierige Verhältnis Europas zur Türkei beschrieben: "Die Türkei hat auch langfristig keine Chance auf eine EU-Vollmitgliedschaft, das sollte man ehrlich so sagen!"

Die Gründe dafür sieht Nowotny nicht primär in der Regierung Erdogan, sondern vielmehr in strukturellen Fragen: "Der Beitritt eines so großen Landes mit so ungleichen wirtschaftlichen Verhältnissen wäre für die EU höchst problematisch."

So wären etwa gewaltige Unterstützungszahlungen für die Türkei einzukalkulieren. Nowotny: "Die Türkei wird bald mehr Einwohner als Deutschland haben, aber die Wirtschaftsleistung der Türkei liegt nur bei gut vier Prozent der EU."

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (Bild: APA/AFP/EMMANUEL DUNAND)
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan

Nowotny warnt vor falschen Hoffnungen
Daher solle man, so Österreichs Notenbankchef, keine falschen Hoffnungen wecken: "Die EU ist eine Wertegemeinschaft, aber noch mehr auch eine Wirtschaftsgemeinschaft. Ich sehe auch langfristig keine Chance für die Türkei, ein Vollmitglied in der EU zu werden."

Was die Konjunktur in Österreich anlangt, so hat die Nationalbank ihre Wachstumsprognose für 2016 von 1,6 auf 1,4% zurückgenommen. Vor allem der private Konsum habe sich nach der Steuerreform nicht so stürmisch wie erhofft entwickelt, dafür läuft es bei den Investitionen besser.

"Milliarden aus Großbritannien werden fehlen"
Beim Brexit werde unterschätzt, dass das Vereinigte Königreich der zweitgrößte Nettozahler in der EU sei. Diese Milliarden würden künftig fehlen. Für den Finanzplatz London wäre eine Verlagerung der Institute in andere Länder ein schwerer Schlag, denn noch werden bis zu 70% der Transaktionen über London abgewickelt.

Beruhigung bezüglich Bargeldabschaffung
Beruhigen kann die Nationalbank beim Bargeld: Dieses werde garantiert nicht abgeschafft, ganz im Gegenteil, es war noch nie so viel Bargeld in Österreich im Umlauf wie derzeit. Nationalbank-Direktor Kurt Pribil: "81% der Lokalbesuche und 75% der Lebensmitteleinkäufe werden bar erledigt!" Zahlungen bis 60 Euro erfolgen üblicherweise mit Bargeld, 30% der Leute zahlen sogar immer bar.

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