Ein Archäologenteam aus Österreich hat seine Arbeit in der antiken türkischen Westküstenstadt Ephesos einstellen müssen. Auf Anordnung des türkischen Außenministeriums hätten die Wissenschaftler ihre Grabungen beenden müssen, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Dogan am Sonntag. Grund für diese Anweisung seien die Spannungen zwischen Wien und Ankara. Die österreichischen Grabungen in Ephesos haben eine über 120-jährige Geschichte.
Die Ausgrabungsarbeiten seien am 31. August und damit zwei Monate vor dem regulären Ablauf des Projektes beendet worden, hieß es. Wissenschaftsminister und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner stellte am Sonntagabend fest: "Ich bedaure diese Entscheidung sehr, weil sie Politik und Wissenschaft vermischt und im Widerspruch zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit steht, die wir über viele Jahre in Ephesos gepflegt haben. Mit diesem Schritt wird die Freiheit der Wissenschaft weiter eingeschränkt."
250 Wissenschaftler aus 20 Ländern an Grabungen beteiligt
Die österreichischen Ausgrabungen in Ephesos finden seit 1895 statt. Es handelt sich aber nicht mehr um ein rein österreichisches Unterfangen, beteiligen sich doch mittlerweile alljährlich um die 250 Wissenschaftler aus bis zu 20 Ländern daran. Die UN-Kulturorganisation UNESCO hatte die Ausgrabungsstätte Ephesos 2015 in die Welterbeliste aufgenommen. Die antike Stadt blickt auf eine 9000-jährige Geschichte zurück. Die Grabungsleiterin und Direktorin des Österreichischen Archäologischen Instituts, Sabine Ladstätter, hatte die Aufnahme in das UNESCO-Welterbe damals als den "wohl wichtigsten Tag der Grabung Ephesos" bezeichnet.
Ephesos war eine der bedeutendsten Städte des Altertums, die sich rühmen konnte, mit dem Heiligtum der Artemis eines der Sieben Weltwunder der Antike zu besitzen. Neben dem Artemistempel zählen die Celsusbibliothek, die "Hanghäuser" genannten antiken Luxuswohnungen, die Kirche der Gottesmutter Maria und die Johannesbasilika zu den bekanntesten Bauwerken von Ephesos.
Dass der Ort im 20. Jahrhundert wie der Phönix aus der Asche wiedererstehen konnte und mittlerweile jährlich mehr als zwei Millionen Besucher anzieht, verdankt er österreichischen Archäologen, die eben seit 1895 in Ephesos graben. Dank zahlreicher wieder errichteter Bauten vermittelt die Ausgrabung den Besuchern das Flair einer antiken Großstadt.
Spannungen zwischen der Türkei und Österreich
Zwischen Ankara und Wien gibt es seit Wochen Spannungen. Nachdem Bundeskanzler Christian Kern einen Abbruch der EU-Beitrittsgespräche gefordert hatte, gab es heftige Kritik aus der Türkei. Im August wurde der türkische Botschafter aus Wien zurückgerufen.
Gegen die österreichische Position gibt es derzeit - zumindest offiziell - eine breite Front innerhalb der EU. Die Türkei und die EU wollen nach Worten der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini alle bestehenden Vereinbarungen beibehalten. Ankara habe bekräftigt, an dem Flüchtlingsdeal mit der EU festzuhalten. Ungekehrt bekenne sich die EU zu der mit der Türkei vereinbarten Visabefreiung für türkische Bürger, sagte Mogherini.
Kern nimmt an dem informellen Gipfel der 27 EU-Staaten ohne Großbritannien zur Zukunft der EU am 16. September in Bratislava teil. Dort dürfte der österreichische Regierungschef einen weiteren Versuch unternehmen, die EU-Partner von einer härteren Linie gegenüber Ankara zu überzeugen.
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