"Ich habe einen derart grausamen Mord noch nicht zu verhandeln gehabt", zeigte sich der Richter am Wiener Straflandesgericht bei der Urteilsverkündung im Mordprozess gegen einen 19-Jährigen schockiert. Der junge Mann hatte am 15. Jänner die 72-jährige Witwe Maria S. in ihrer Wohnung in Favoriten zu Tode gefoltert. Am Freitag wurde er im Straflandesgericht zur Höchststrafe für junge Erwachsene verurteilt und fasste 15 Jahre Haft aus. Nicht rechtskräftig.
Der 19-Jährige war der Pensionistin zufällig im Anna-Boschek-Hof begegnet, wo damals auch sein älterer Bruder lebte. Bei ihm war er zum Essen eingeladen. Als er sich nach der Mahlzeit im Stiegenhaus eine Zigarette anzündete, wurde er von Maria S. erwischt, die ihren Müll in den Innenhof der Gemeindebau-Anlage bringen wollte.
Die Witwe soll den Burschen mit türkischen Wurzeln als "Scheiß-Ausländer" beschimpft haben. Die verbale Auseinandersetzung war an sich längst bereinigt, als der 19-Jährige wesentlich später an die Tür der Frau klopfte und ein Blutbad anrichtete.
Wollte Pensionistin das Genick brechen
Zunächst versetzte er ihr einen Faustschlag ins Gesicht und ging dann mit Fäusten und Füßen auf sie los, als sie zu Boden stürzte. Er zertrümmerte Blumentöpfe auf ihrem Kopf und versuchte, ihr das Genick zu brechen, wie er beim Prozessauftakt am Mittwoch gestanden hatte. Das sei nicht gelungen, "weil sie sich mit dem Körper mitgedreht hat". Zudem sei er "an ihrem Blut abgerutscht".
16 Stiche in den Oberkörper
Die Frau jammerte nach Angaben des 19-Jährigen "Ich bin tot", worauf er "Ja, jetzt sterben Sie langsam" erwiderte. Mit dem Messer versetzte er der 72-Jährigen insgesamt 16 Stiche in den Oberkörper. Ihren Kopf deckte er mit einem Blumentopf ab, weil er ihn nicht mehr anschauen habe können. Dieser sah - wie der Bursch nach seiner Festnahme den Kriminalisten erklärt hatte - "so eklig aus. Es roch verdorben."
Nach Bluttat in Disco gefahren
Der Bursch zündete auch noch Kerzen an und erhitzte ein Bügeleisen, womit er die Witwe malträtierte. Diese war zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht tot - ihre Füße hätten gezuckt bzw. Abwehrbewegungen gemacht, hatte der Kochlehrling der Polizei beschrieben. Er missbrauchte die Sterbende mit dem Stiel eines Zierkürbisses. Am Ende stach er ihr das Messer rechts vom Kehlkopf in den Hals und schnitt ihr die Kehle durch. Danach duschte er sich in der Wohnung der Toten und ging in eine Diskothek, wo er bis in die frühen Morgenstunden tanzte.
Psychiater warnt vor Gefährlichkeit des Täters
Der Kochlehrling wurde einstimmig wegen Mordes und sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen Person schuldig gesprochen. Zusätzlich wies das Schwurgericht den 19-Jährigen in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ein. Ausschlaggebend dafür waren die Ausführungen des Psychiaters Karl Dantendorfer, der dem an sich zurechnungsfähigen Burschen eine schwere Persönlichkeitsstörung bescheinigt hatte. "Ohne im Maßnahmenvollzug gewährleistete therapeutische Maßnahmen ist zu befürchten, dass der Angeklagte nach seiner Entlassung wieder Straftaten mit schweren Folgen begehen wird", warnte Dantendorfer.
"Nach langen Jahrzehnten als Richter habe ich einen derart grausamen Mord noch nicht zu verhandeln gehabt", bemerkte der Vorsitzende Norbert Gerstberger in der Urteilsbegründung. Es handle sich um einen "Fall besonders schwerer Schuld". Der Angeklagte habe die 72-jährige Maria S. "heimtückisch" in ihrer Wohnung angegriffen und "zu Tode gefoltert".
Maximalstrafe nach neuem Jugendgerichtsgesetz
Ungeachtet der grundsätzlich geständigen Verantwortung des Burschen und seines bisher tadellosen Lebenswandels "sind wir der Meinung, dass es hier um einen exemplarischen Fall geht, der die Höchststrafe erfordert", sagte Gerstberger. Nach dem jüngst novellierten Jugendgerichtsgesetz können junge Erwachsene - Straftäter, die die ihnen vorgeworfenen Delikte vor Vollendung ihres 21. Lebensjahres begangen haben - selbst bei Kapitalverbrechen nicht mehr zu mehr als 15 Jahren verurteilt werden.
Ob sich für den jungen Mann nach Verbüßung seiner Strafe die Gefängnistore öffnen werden, ist fraglich. Da zusätzlich dem Unterbringungsantrag Folge geleistet wurde, kann er zeitlich unbefristet über das Strafende hinaus zwangsweise so lange weiter angehalten werden, bis Experten ihn für nicht mehr gefährlich halten. Eine entsprechende psychiatrische Begutachtung müsste in regelmäßigen Abständen - ein- bis zweimal jährlich - durchgeführt werden.
Täter "in Ausnahmezustand"
Der fast noch kindlich wirkende Kochlehrling brach nach der Urteilsverkündung in Tränen aus und wirkte dem Zusammenbruch nahe, als ihm der Vorsitzende den Richterspruch erläuterte. Die anschließende Besprechung mit Verteidigerin Astrid Wagner zu einer möglichen Rechtsmittelerklärung brachte kein Ergebnis. "Er befindet sich in einem Ausnahmezustand", sagte die Anwältin, weshalb sie drei Tage Bedenkzeit erbat. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.
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