Ex-Weggefährte sagt:
Erdogan hat Putsch in Türkei selbst inszeniert
Für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ist der muslimische Prediger Fethullah Gülen der Staatsfeind Nummer eins, denn er soll für den gescheiterten Militärputsch Mitte Juli verantwortlich sein. Doch der einstige Weggefährte Erdogans, der seit 1999 in den USA im Exil lebt, behauptet nun, dass der Präsident den Putschversuch selbst inszeniert hat, um damit Gegner loszuwerden. Der Coup sei Jahre im Voraus geplant gewesen, so Gülen.
"In den vergangenen Tagen kamen so viele Beweise ans Licht, dass dies zur Gewissheit wird", sagte Gülen am Freitag in seinem Exil in den USA der Nachrichtenagentur dpa, der Wochenzeitung "Die Zeit" und der spanischen Tageszeitung "El Pais". Erdogan habe den Coup Jahre im Voraus geplant. "Er hat nur auf die richtige Gelegenheit gewartet", so Gülen, der seit 1999 im US-Bundesstaat Pennsylvania lebt. "Was immer er auch geplant hat - der Putsch gibt ihm die Möglichkeit, es zu tun." Viele für die Regierung unliebsame Amtsträger, ob in Ministerien, Militär, Gerichten oder bei der Polizei, seien entlassen, viele von ihnen inhaftiert worden.
Internationale Untersuchungskommission gefordert
Gülen forderte eine internationale Kommission mit Experten aus den USA, Deutschland, den Niederlanden und weiteren Staaten, die den Putschversuch und dessen Umstände untersuchen sollen. Dieser Vorschlag sei von der türkischen Regierung nicht einmal in Erwägung gezogen worden, sagte Gülen. "Wenn dabei herauskommen sollte, dass ich an dem Putschversuch beteiligt war - ich kann mit den Ergebnissen leben."
Weiters meinte Gülen, der Türkei müsse mit internationalem Recht und Machtworten von NATO und den USA begegnet werden. "Sonst wird das nicht aufhören. Sie werden nicht leichtfertig aufgeben, was sie bereits erreicht haben." Die Türkei habe eine Tradition der Demokratie - "aber inzwischen haben wir fast alles verloren", so Gülen.
Einst enger Verbündeter von Erdogan
Bis zum Bruch im Jahr 2013 war Gülen selbst ein enger Verbündeter von Erdogan gewesen. Ursprünglich machte er sich als einflussreicher islamischer Prediger einen Namen. Bis in die 1980er-Jahre hinein wirkte er als Imam in verschiedenen türkischen Städten. Seine Bewegung Hizmet ("Dienst") legte einen ihrer Schwerpunkte auf die Verbesserung von Bildungschancen. Wirtschaftliche Macht gewann die Gülen-Bewegung mit eigenen Schulen, Bildungseinrichtungen, Wirtschafts- und Medienunternehmen.
Seit dem Bruch mit dem damaligen Ministerpräsidenten Erdogan liefert sich dieser einen heftigen Machtkampf mit Anhängern der Gülen-Bewegung, der er eine Unterwanderung von Polizei und Justiz vorwirft. Nach einem Korruptionsskandal im engsten Umfeld von Erdogans Regierungspartei AKP, der Ende 2013 in der Festnahme mehrerer Ministersöhne gipfelte, wurden zahlreiche mit den Ermittlungen befasste ranghohe Polizisten des Amtes enthoben.
Türkei fordert Auslieferung, Gülen zur Rückkehr bereit
Die Gülen-Bewegung wurde von der Türkei inzwischen zu einer Terrororganisation erklärt, viele ihrer führenden Köpfe stehen auf einer Liste der meistgesuchten Terroristen des Landes. Ankara fordert von den USA Gülens Auslieferung. Dieser sagte am Freitag gegenüber dem ZDF, wenn die USA zu der Forderung aus Ankara nach einer Überstellung "Ja sagen", werde er sich dem nicht widersetzen und seine restlichen Tage von der türkischen Regierung "gepeinigt" in der Türkei verbringen.
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