Diesen Tag hatte Jenson Button nicht kommen sehen. "Als ich 2000 angefangen habe, sagte ich zu meinem Vater: Wenn ich 30 bin, dann bin ich fertig damit", erinnert sich der britische Formel-1-Pilot im schwülheißen Fahrerlager von Sepang. Jetzt ist Button 36 und startet am Sonntag in Malaysia seinen 300. Grand Prix.
Nur Rekordhalter Rubens Barrichello mit 323 Rennen und Michael Schumacher mit 306 haben diese Marke bisher übertroffen. "Es war eine großartige Reise mit vielen Höhen und Tiefen", sagt Button mit dem gewohnt smarten Lächeln und vielen Emotionen in der Stimme.
Das bemerkenswerte Jubiläum macht den McLaren-Fahrer in Sepang zum gefragten Mann, auch wenn der letzte Sieg des Weltmeisters von 2009 schon vier Jahre zurückliegt. "Du musst die guten Zeiten so ausgiebig wie möglich genießen, weil du nie weißt, wie lange sie andauern", sagte Button in die vielen Mikrofone und Kameras, die ihm am Donnerstag entgegengereckt wurden.
Button ein "fauler Playboy"
Button hat diesen Rat befolgt. Sein einstiger Teamchef Flavio Briatore, selbst ein berüchtigter Lebemann, bezeichnete den Briten sogar einmal als "faulen Playboy". Popsternchen und Unterwäschemodels brachte Button als Begleitung mit ins Fahrerlager. Sein Vater John, dessen Tod 2014 Button schwer traf, war in den Motorhomes selten weit entfernt von der Bar anzutreffen und prägte mit seiner offenen Lebensfreude auch seinen Sohn. Button selbst gab früher auch so mancher Laune nach, zweimal überlegte er es sich sogar nach Vertragsunterschrift noch anders und wollte doch für ein anderes Team fahren.
Eskapaden wie diese aber sind lange Vergangenheit. Button gilt längst als Musterprofi. Körperlich so fit, dass er beim Triathlon mit Spitzenathleten mithält. Mit Charme, Witz und gutem Aussehen der Traum jeder Marketingabteilung. "Er ist einer der Großen, ein wirklich kompletter Fahrer", sagt McLaren-Chef Ron Dennis. "Ein netter Kerl, ein wahrer Gentleman und sehr konkurrenzfähig auf der Strecke. Er ist der beste Teamkollege, den ich je hatte", urteilt der Spanier Fernando Alonso, der immerhin schon an der Seite von Lewis Hamilton und Kimi Räikkönen fuhr.
Aus der ungestümen Nachwuchshoffnung Button, die sich vor 16 Jahren im Ausscheidungsfahren ein Cockpit bei Williams sicherte, ist eine der wenigen Konstanten im rasenden Formel-1-Geschäft geworden. Mit seinem ersten Sieg 2006 in Ungarn und vor allem dem Triumph 2011 in Kanada, als er sich in einem Chaos-Rennen mehrfach von hinten durchs Feld arbeitete und in der Schlussrunde noch den führenden Sebastian Vettel überholte, zeigte er seine Fähigkeiten als Regenspezialist und Reifenflüsterer.
Titelgewinn "war ein Märchen"
2008 allerdings schien die Formel-1-Karriere des Engländers schon vorbei. Arbeitgeber Honda zog sich aus dem Grand-Prix-Sport zurück, Button war arbeitslos. Dann erwarb Superhirn Ross Brawn das herrenlose Team, fand eine Lücke im Regelwerk und ermöglichte Button so den Titelgewinn 2009. "Das war ein Märchen. Eine perfekte Story, wenn jemand einen Film über Motorsport drehen will", betonte Button rückblickend.
Von der Spitze ist Button inzwischen wieder fast so weit entfernt wie in den Anfängen seiner Karriere. Zum Saisonende muss er zumindest vorerst sein Cockpit bei McLaren für den zwölf Jahre jüngeren Belgier Stoffel Vandoorne räumen und soll als Berater und Ersatzmann dienen. Eine Auszeit, kein Rücktritt, betonen Button und das Team. Für 2018 hat Button wieder eine Option auf den McLaren-Stammplatz.
Doch es ist wohl eher wahrscheinlich, dass Button schon bald die letzten Runden einer Grand-Prix-Karriere dreht, die selbst ihn bis heute erstaunt. "Sie lässt dich einfach nicht los, diese Formel 1", so Button. Der Senior unter den Piloten ist der beste Beweis dafür.
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