Starker Auftritt von Hans-Werner Sinn, dem renommierten deutschen Wirtschaftsprofessor, bei einem Vortrag für die Rothschild-Bank in Wien. Im "Krone"-Gespräch forderte er Österreich auf, den bestehenden EU-Vertrag aufzukündigen. Und zwar nicht, um wie Großbritannien aus der EU auszutreten, sondern in Form einer "Änderungskündigung".
Nur dadurch könne verhindert werden, dass die bisherige "Sperrminorität" der ökonomisch stärkeren Länder wie Deutschland, Finnland, Niederlande und Österreich verloren ginge und die finanzschwachen "Südländer" das Sagen bekämen. Sinn: "So eine Entwicklung kann für Österreich nicht hingenommen werden."
Diese Änderungskündigung müsse Österreich (wie auch andere Länder) vornehmen, "solange mit Großbritannien über den Brexit verhandelt wird". Sinn: "Ist der Brexit einmal perfekt, ist es zu spät. Die Minderheitsrechte in der EU müssen gestärkt werden."
"Euro nicht als Haftungsgemeinschaft verstehen"
Sinn ist stets auch ein Euro-Skeptiker gewesen und geblieben: "Der Euro ist reparabel, aber nur mit Vertragsänderungen. Der größte Fehler beim Euro war, ihn als Haftungsgemeinschaft zu verstehen, was dazu geführt hat, dass sich marode Staaten zu niedrigen Zinsen hoch verschulden konnten."
Das habe in eine Sackgasse geführt, die Deutsche Bundesbank sei heute mit 716 Milliarden Euro bereits der größte Gläubiger des Eurosystems. Sinn: "Der Euro funktioniert so nicht, er wurde auch missbraucht für Rettungsaktionen von einzelnen Staaten wie Griechenland, mit der Notenpresse kann man diese Probleme nicht lösen." Die Wettbewerbsfähigkeit der Südländer sei durch zu hohe Kosten nicht gegeben. "Das Lohnniveau in Griechenland ist doppelt so hoch wie das polnische, da stimmt doch was nicht!"
"Migranten überwiegend schlecht qualifiziert"
Was die Migrationsthematik anbelangt, zeigt sich Sinn skeptisch: "Da sind überwiegend schlecht qualifizierte Afghanen, Syrer etc. gekommen. Die in den Arbeitsmarkt zu integrieren wird schwierig."
Darum, so Hans-Werner Sinn, sollten die wettbewerbsfähigen EU-Länder wie Deutschland, Österreich, die Niederlande usw. ihre Position durch eine Neuordnung der EU-Verträge absichern, andernfalls hätte das negative Konsequenzen. Sinn: "Wir leben in einer dramatischen Zeit mit nach wie vor hoher Arbeitslosigkeit in EU-Ländern wie Italien oder Griechenland. Und ich glaube auch nicht, dass in zehn Jahren die gleichen Länder wie heute im Euro-System sind."
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