Mit über 300 km/h

Sonde “Schiaparelli” auf dem Mars zerschellt

Wissenschaft
22.10.2016 09:01

Nach sieben Monaten Flugzeit und einer Reise von fast 500 Millionen Kilometern ist das erste europäisch-russische Marsmodul "Schiaparelli" am Mittwoch kurz vor 17 Uhr MESZ auf dem Roten Planeten gelandet. Allerdings nicht so wie geplant: Die Sonde sei vielmehr mit einer Geschwindigkeit von über 300 Stundenkilometern auf der Oberfläche aufgeschlagen, teilte das ESA-Kontrollzentrum in Darmstadt am Freitag mit.

"Das ist traurig, aber wir müssen feststellen, dass die Sonde nicht erfolgreich gelandet ist", sagte der Chef der Europäischen Raumfahrtagentur ESA, Jan Wörner, der Deutschen Presse-Agentur. Wahrscheinlich sei das Landegerät beim Aufprall mit vollen Tanks explodiert, teilte das ESOC-Kontrollzentrum mit. Der Kontakt zu dem 600 Kilo schweren Modul war rund 50 Sekunden vor der Landung abgerissen. Später trafen über die Muttersonde "Trace Gas Orbiter" (TGO) umfangreiche Daten von der kritischen Abstiegsphase ein, die aber zunächst keine Klarheit schafften.

Illustration: Der "Trace Gas Orbiter" auf seiner Bahn um den Mars (Bild: ESA/D. Ducros)
Illustration: Der "Trace Gas Orbiter" auf seiner Bahn um den Mars

NASA-Sonde fotografiert Überreste des Moduls
Weitere Erkenntnisse lieferte den ESA-Forschern schließlich die NASA-Raumsonde "Mars Reconnaissance Orbiter". Auf Bildern, die sie zur Erde gefunkt hat, erkannten man zwei neue Punkte: Einen weißen (im Bild rechts unten), der wahrscheinlich vom Bremsfallschirm von "Schiaparelli" stammt, und einen großen dunklen (rechts oben, rot markiert). Letzterer sei etwa 15 Meter lang und 40 Meter breit und dürfte Oberflächenmaterial sein, das beim heftigen Aufprall des Landemoduls in die Luft wirbelte.

Die Aufnahme des "Mars Reconnaissance Orbiter" zeigt die Überreste. (Bild: NASA/JPL-Caltech/MSSS)
Die Aufnahme des "Mars Reconnaissance Orbiter" zeigt die Überreste.

Weitere Erkenntnisse erhoffen sich die Forscher von der weiteren Auswertung der Abstiegsdaten der Testsonde. 600 Megabyte Daten wurden übermittelt. In der kommenden Woche sollen sie auch Bilder von der höchsten auflösenden Kamera an Bord von MRO bekommen. Sie hoffen, dann auch den Hitzeschild finden zu können, der in großer Höhe wie geplant abgeworfen wurde.

Testmodul sollte sanft auf Marsoberfläche landen
Geplant war, dass die Sonde nach einem ruppigen Abstieg durch die Marsatmosphäre kurz vor 16.50 Uhr MESZ sanft auf dem Roten Planeten landet (siehe Videoanimation der ESA). Das Aufsetzen einer Sonde auf der Mars-Oberfläche ist eines der schwierigsten Raumfahrtmanöver überhaupt.

So sollte "Schiaparelli" auf dem Roten Planeten landen. (Bild: ESA/ATG medialab)
So sollte "Schiaparelli" auf dem Roten Planeten landen.

Mars-Orbiter TGO wie geplant unterwegs
Erfolgreich war dagegen ein weiterer Teil der "ExoMars"-Mission. Der Satellit "Trace Gas Orbiter" (TGO), der den Testlander mit in Richtung Roten Planeten genommen hatte, schwenkte auf eine geplante Umlaufbahn um den Mars ein. Er soll Spurengase in der Atmosphäre des Planeten untersuchen. "Das ist ein großer Erfolg", sagte Wörner.

Die Landung von "Schiaparelli" war Teil europäisch-russischen "ExoMars"-Projekts, mit dem Forscher nach Spuren von Leben auf dem Nachbarplaneten der Erde suchen. Das Testmodul war am 14. März gemeinsam mit dem Forschungssatelliten TGO vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan ins All gestartet.

Der Start der Sonde TGO am 14. März 2016 in Baikonur (Bild: APA/AFP/Kirill Kudryavtsev)
Der Start der Sonde TGO am 14. März 2016 in Baikonur

"Schiaparelli", benannt nach dem italienischen Astronomen Giovanni Schiaparelli (1835-1910), hatte eine geplante Einsatzzeit von nur wenigen Tagen. Die Erkenntnisse von der Landung des Moduls auf der Oberfläche des Mars sollten ESA und Roskosmos helfen, den zweiten Teil von "ExoMars" vorzubereiten.

Rover soll 2020 zum Mars fliegen
Für 2020 ist der Start eines Rovers zum Roten Planeten geplant. Dieser soll mit einem zwei Meter langen Bohrer in die Tiefen des Marsgesteins eindringen, um nach Hinweisen auf organisches Leben zu suchen.

Illustration: So soll der Rover der Mission "ExoMars" aussehen. (Bild: ESA)
Illustration: So soll der Rover der Mission "ExoMars" aussehen.

Thermoisolation des Orbiters aus Österreich
Der Orbiter TGO soll unter anderem nach Methan in der Atmosphäre suchen. Spuren des Gases könnten ein Hinweis auf biologische Aktivität sein. Bis TGO voraussichtlich Ende 2017 seine Zielumlaufbahn auf rund 400 Kilometern Höhe über dem Marsboden erreicht, sind jedoch noch mehrere Bremsmanöver und Kursänderungen geplant. Eine Thermoisolation der heimischen Weltraumtechnik-Firma Ruag Space schützt den Orbiter, der sechs Jahre lang den Planeten umkreisen soll.

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