Ausgerechnet seine Hilfsbereitschaft hat den Salzburger Johannes Wagenknecht in ein Entführungsdrama manöviert: Als der 56-Jährige eines Abends die Tür seiner Finca im Norden Ecuadors für drei Männer öffnete, denen angeblich das Benzin ausgegangen war, schaute er in drei Revolverläufe. Mit der "Krone" sprach der 56-Jährige über seine Entführung.
"Ich dachte, ich könnte es mit ihnen aufnehmen - doch die Schlägerei habe ich deutlich verloren", so der Auswanderer nach seiner Befreiung zur "Krone". Die Täter schlugen ihn nieder, verpassten ihm eine klaffende Platzwunde am Kopf und fuhren mit ihm davon. Die Frau des Opfers hatte sich während der Prügelei in einem Zimmer verbarrikadiert.
Die Bande verschleppte den Salzburger bis zum Rio San Miguel, über dessen reißende Stromschnellen es dann einen Tag später per Boot weiter bis zu einer Höhle ging. Hier musste Johannes Wagenknecht die nächsten sechs Tage ausharren. "Vor die Höhle durfte ich nur unter Aufsicht. Also hab ich versucht, so viel wie möglich zu schlafen", erzählt der 56-Jährige.
"Habe auf naive Gattin gespielt"
Währenddessen verhandelte seine Frau Petra telefonisch mit den Kriminellen, die sich als Mitglieder der kolumbianische Guerillabewegung FARC ausgaben - offenbar um gefährlicher zu wirken. "Anfangs haben sie 350.000 Dollar (rund 315.000 Euro) Lösegeld verlangt. Ich habe auf naive Gattin und auf Zeit gespielt. Sie haben mir tatsächlich vertraut und geglaubt, dass ich nicht mit der Polizei kooperiere und alles tue, um das Geld aufzutreiben. Dreimal durfte ich sogar kurz mit Johannes sprechen", erzählt die AHS-Lehrerin. Parallel liefen die Ermittlungen der Polizei und die Bemühungen des österreichischen Konsulats in Ecuador auf Hochtouren.
Einem Täter gelang die Flucht
Doch eine Woche verging - und selbst der überzeugte Optimist Johannes Wagenknecht hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben. Auch die Entführer wurden immer nervöser. Bis es eines Morgens dann plötzlich ganz schnell ging: Eine Spezialeinheit stürmte das Versteck und befreite den 56-Jährigen. Ein Täter wurde gefasst, der andere flüchtete.
Ihre Kaffeehandelsfirma kanwan wollen die beiden im Jahr 2013 ausgewanderten Salzburger, Eltern dreier Kinder, trotz der Erlebnisse auf keinen Fall aufgeben. Das Entführungsopfer: "Dafür sind uns dieses Projekt, das Land und die Leute hier viel zu wichtig."
"Was einen nicht umbringt, macht einen härter"
Im Gespräch mit der "Krone" erzählt Johannes Wagenknecht, wie es ihm während der Entführung ergangen ist:
"Krone": Wie wurden Sie von den Tätern behandelt, wurde mit Ihnen gesprochen?
Johannes Wagenknecht: Abgesehen vom Schlagabtausch bei der Entführung waren meine zwei Aufpasser dann ganz okay zu mir. Der offensichtliche Anführer hat kaum mit mir gesprochen. Der andere erzählte mir dafür seine ganze Lebensgeschichte.
Gab es Essen, Trinken?
Selten und wenig. Ein dritter Mann brachte hin und wieder Reis und Kochbananen vorbei. Getrunken wurde aus Tümpeln. Ich habe fünf Kilo abgenommen. Aber die Entführer haben körperlich und psychisch definitiv mehr unter der Situation gelitten als ich! Ich war ihnen diesbezüglich überlegen.
Hatten Sie in Gefangenschaft Todesgedanken?
Ich bin ein positiver Mensch, habe daher an ein gutes Ende geglaubt. Aber ich hatte viel Zeit - und natürlich denkt man da auch darüber nach, was alles schiefgehen kann.
Wie erlebten Sie Ihre Befreiung?
Es ging alles sehr schnell - Schreie, Schüsse. Mein Herz hatte noch nie so schnell geschlagen! Ich war selbst 20 Minuten danach noch wie gelähmt.
Dann das Wiedersehen mit Ihrer Ehefrau!
Wir haben nur geweint. Ich bin ihr und allen so dankbar! Auch hinterher haben sich alle unglaublich um uns gekümmert. Wir bekamen sogar psychologische Betreuung.
Brechen Sie nun Ihre Zelte in Südamerika ab?
Auf keinen Fall! Wir lieben das Land! Was einen nicht umbringt, macht einen nur härter!
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