Die populäre Browser-Erweiterung "Web of Trust" ("WOT") späht nach einem Bericht des NDR-Fernsehens im großen Stile den Browserverlauf ihrer User aus und gibt diesen offenbar ungefragt an Dritte weiter. WOT ist eine kostenlose Erweiterung ("Add-on") für gängige Browser wie Mozilla Firefox, Google Chrome, Internet Explorer, Safari und Opera, die pikanterweise eigentlich anzeigen soll, ob man einer Webseite vertrauen kann oder nicht.
Die Software wurde nach Angaben des finnischen Herstellers allein bis November 2013 über 100 Millionen Mal heruntergeladen und installiert. Nach den Recherchen der NDR-Reporter wurde unter anderem mit Hilfe von "WOT" ein Datensatz erstellt, der die besuchten Webseiten von drei Millionen Menschen in Deutschland beinhaltet. Die Daten seien angeblich anonymisiert worden. Es habe sich aber schnell herausgestellt, wie leicht die sensiblen Informationen mitunter eben doch einzelnen Internetnutzern zuzuordnen seien.
Web of Trust soll eigentlich Sicherheit erhöhen
"WOT" soll eigentlich als eine Art "Internet-Polizei" die Integrität von Websites prüfen und besuchte Seiten anhand eines Ampel-Systems im Hinblick auf Sicherheit bewerten. Im Hintergrund übermittelt die Erweiterung nach Darstellung des NDR die Daten zum Surfverhalten des Nutzers an einen Server im Ausland. Dort werde ein Profil erstellt und Datum, Uhrzeit und angesteuerte Webadresse werden gemeinsam mit einer Nutzerkennung abgespeichert. Diese Daten würden dann an Zwischenhändler weitergegeben.
Viele Browser-Add-ons sammeln Nutzerdaten
In dem NDR-Bericht meinten Experten, "WOT" sei nicht die einzige Erweiterung, die ungefragt Daten ausspähe. Die Datensammler bedienten sich Dutzender, wenn nicht Hunderter unterschiedlicher Browser-Erweiterungen. "WOT" weise zwar in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen darauf hin, dass Daten an Dritte übermittelt würden, diese würden aber zuvor anonymisiert, so dass sie keinem einzelnen Anwender zuzuordnen seien.
Krankheiten, Drogen, Sex: Der Verlauf verrät vieles
Das stellen jedoch die Reporter des NDR in Zweifel: Sie konnten demnach in Stichproben anhand des Datensatzes mehr als 50 Nutzer persönlich identifizieren, zum Beispiel über E-Mail-Adressen, Anmeldenamen oder andere Bestandteile der aufgerufenen URLs. Mithilfe der Daten ließen sich Reisen einzelner Nutzer nachverfolgen, Rückschlüsse auf Krankheiten, sexuelle Vorlieben und Drogenkonsum schließen. Auch Geschäftsgeheimnisse wie vertrauliche Umsatzzahlen eines Medienhauses und Details zu Ermittlungen eines Polizisten hätten sich rekonstruieren lassen. Daten, mit denen Cyberkriminelle die Nutzer vortrefflich erpressen könnten.
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