Mit 832 Spielen ist er in der deutschen Bundesliga öfter als jeder andere Trainer auf der Bank gesessen. Und keiner hat je eine größere Sensation geschafft als er mit dem EM-Titel ’04. Dank dem Otto Rehhagel als erster Ausländer "Grieche des Jahres" wurde, bis heute als "Rehakles" und "König Otto" verehrt wird.
Herr Rehhagel, welcher Spitzname schmeichelt Ihnen denn am meisten?
Natürlich gefällt einem so etwas - wir sind doch alle ein wenig eitel. Aber eine Anrede freute mich am meisten: In Griechenland schrieb eine Zeitung nach dem EM-Triumph: "Danke, Herr Otto".
Und wie lebt "Herr Otto" dann heute?
Nun, ich bin schon 78...
...das sieht Ihnen aber wirklich keiner an!
Es glauben auch nur wenige. Ich übrigens auch nicht. Trotzdem rennt die Zeit davon. Goethe sagte: "Dreifach geht der Schritt der Zeit, zögernd kommt die Zukunft hergezogen, pfeilschnell ist das Jetzt verflogen, still steht die Vergangenheit." Manchmal denk ich mir, ich raste wie eine Rakete durchs Leben - immer war was los.
Worauf sind Sie stolz?
Dass ich schaffte, dass 95 Prozent meiner Spieler auch meine Freunde geworden sind - auch schwierige Typen wie der Mario Basler.
Ihr größter Erfolg?
Dass ich mit meiner Beate 53 Jahre verheiratet bin.
Was macht Sie neben Ihrer Frau glücklich?
Dass ich Spuren hinterlassen habe, Menschen mich heute noch überall einladen.
Wann war Ihnen klar: Ich werd’ Fußball-Lehrer?
Ich wollte das immer. Die große Herausforderung des Lebens ist der Umgang mit anderen Menschen - diese Kunst ist mir gut gelungen. Auch, weil ich nie alle Türen hinter mir zugeschlagen hab.
Trotzdem war’s oft heftig. 1982 saßen Sie einmal sogar mit einer kugelsicheren Weste auf der Trainerbank.
Das war wegen meinem Freund Ewald Lienen. Ihm war von meinem Spieler mit den Stollen der Oberschenkel 20 Zentimeter weit aufgeschlitzt worden. Es sah grässlich aus, war ein Unfall. Nachher hieß es aber, ich hätte den Spieler dazu aufgehetzt - und vorm Rückspiel in Bielefeld gab’s die Drohung: Wir schießen dir eine Kugel durch den Kopf!
Wie gingen Sie damit um?
Man muss cool bleiben. Trotzdem hatte ich eine Bleiweste an und saßen zwei Polizisten neben mir.
Carlo Ancelotti sagt, es gehöre zum Job, gefeuert zu werden. Bei Ihnen gehörte offenbar noch viel mehr dazu.
Trotzdem ist Fußball nur ein Spiel. Von Niederlagen geht die Welt nicht unter. Wirst du entlassen, so trifft dich das persönlich, aber im Leben erhält man auch immer wieder neue Chancen.
Eine wie Griechenland!
Vor der EM dachte keiner, dass wir die Gruppe überstehen. Als wir im zweiten Spiel Welt- und Europameister Frankreich geschlagen hatten, sagte ich: "Leute, wir sind schon jetzt der Gewinner des Turniers." Am Ende haben wir gewonnen, weil wir ein gutes Team hatten. Das waren damals ganz besondere Jungs
Mit einem Coach, der nicht Griechisch sprach!
Wenn ein Trainer nicht gewinnt, hilft ihm auch die Sprache nichts. Ich bin ein großer Praktiker, heute gibt es aber zu viel Theoretiker. Doch die einzige Wahrheit des Fußball ist: Der Ball muss ins Tor!
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