Bohrungen zeigen:

Dinosaurier-“Killerasteroid” versetzte Berge 30 km

Wissenschaft
18.11.2016 12:00

Jener Asteroid, der vor 66 Millionen Jahren zum Aussterben der Dinosaurier führte, hat beim Einschlag regelrecht Berge versetzt. In wenigen Minuten wurden riesige Gesteinsmassen insgesamt über 30 Kilometer weit bewegt, berichtet ein internationales Forscherteam mit österreichischer Beteiligung jetzt über Ergebnisse der ersten Bohrungen im Chicxulub-Krater im Golf von Mexiko im Fachjournal "Science".

Der Einschlag eines rund zehn Kilometer großen Asteroiden auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan am Ende der Kreidezeit hat jene Ereigniskette in Gang gesetzt, die zum Aussterben von über 70 Prozent aller lebenden Tier- und Pflanzenarten führte. Bisher wurde der knapp 200 Kilometer große Chicxulub-Krater vorwiegend mit geophysikalischen Methoden untersucht. Der Grund dafür ist, dass sich der größte Teil der Struktur unter Hunderten Metern Meeresablagerungen im Golf von Mexiko befindet.

Aus 300 Bohrkernen über 11.000 Proben gewonnen
Im Frühjahr hat ein Wissenschafterteam aus zwölf Ländern ebendort erstmals Bohrungen durchgeführt. Aus Österreich sind der Impaktforscher Christian Köberl, Generaldirektor des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien, und Ludovic Ferriere, Meteoritenforscher am NHM und Mitautor der "Science"-Publikation, an dem Projekt beteiligt. In einer Tiefe von 506 bis 1.335 Meter unter dem Meeresboden wurden mehr als 300 Bohrkerne mit einer Gesamtlänge von 835 Metern entnommen. Aus ihnen wurden mehr als 11.000 Proben gewonnen, 373 davon werden am Naturhistorischen Museum Wien und an der Universität Wien untersucht.

Einige der zahlreichen Bohrkerne aus dem Chicxulub-Krater (Bild: APA/AFP/Ronaldo Schemidt)
Einige der zahlreichen Bohrkerne aus dem Chicxulub-Krater

Erstmals wurden bei der Bohrung Proben aus dem sogenannten "Peak Ring" eines Einschlagkraters entnommen. Dabei handelt es sich um spezielle Strukturen aus schroffen Bergen im Zentrum des Hauptkraters. Man kennt solche "Peaks" aus der Werbung, wenn in Zeitlupe ein Tropfen in eine Flüssigkeit fällt und einen "Krater" formt, in dessen Zentrum noch eine Spitze emporschießt. In der Realität kann diese Spitze auch ringförmig ausgebildet sein.

Chicxulub ist der einzige bekannte Krater auf der Erde mit einem intakten "Peak Ring". Solche Strukturen sind aber auch von vielen anderen großen Einschlagskratern am Mond, der Venus und am Planeten Merkur bekannt. Bisher war nicht klar, wie genau solche Ringe entstanden sind.

Erste Untersuchungen von Proben aus den Bohrkernen in Kombination mit geophysikalischen Daten und Computermodellen zeigen nun, wie sich dieser rund 80 Kilometer große "Peak-Ring" im Zentrum des Chicxulub-Kraters geformt hat. Die Struktur besteht großteils aus geschocktem Granit, der im Zuge des Einschlags aus mehr als zehn Kilometer Tiefe zur damaligen Oberfläche befördert wurde, erklärte Ferriere im Gespräch.

Gesteinsmassen wurden 30 Kilometer weit bewegt
Den Modellen zufolge hat der Meteorit die Erde mit solcher Wucht getroffen, dass er riesige Granitblöcke in zehn Kilometern Tiefe noch weiter in den Untergrund und dann nach Außen gedrückt hat. Dann bewegte sich das Gestein wieder in Richtung Zentrum des Einschlags und schließlich zur Oberfläche, wo es den "Peak-Ring" formte. "In Summe legten die Gesteinsblöcke binnen weniger Minuten eine Strecke von rund 30 Kilometern zurück, sagte Ferriere.

Der Einschlag verursachte aber nicht nur gewaltige Gesteinsbewegungen, durch die hohe Energie wurde auch der Granit in einer besonderen, von den Wissenschaftlern nicht erwarteten Form verändert. "Es sieht nach wie vor wie Granit aus, aber das Gestein wurde extrem geschockt, dadurch poröser und viel weniger dicht", so der Geologe. Während Granit üblicherweise eine Dichte von 2,7 Gramm pro Kubikzentimeter hat, haben die Bohrproben nur 2,2 bis 2,4 Gramm pro Kubikzentimeter.

Dieser Befund könnte auch neue Hinweise auf die Entstehung des Lebens auf der Erde liefern. Schließlich war die Erde in ihrer Frühzeit einem massiven Meteoriten-Bombardement ausgesetzt. Wenn dabei Gesteine mit ähnlichen Eigenschaften gebildet wurden, könnten solche porösen Steine, durchströmt vom im Erdinneren aufgewärmten und mit Nährstoffen angereicherten Wasser, geeignete Lebensräume für die ersten einfachen Organismen gewesen sein.

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