320 Bewerbungen innerhalb von acht Jahren verschickt Franz Hubmayr. Dann findet er endlich einen Job. Das Protokoll eines Langzeitarbeitslosen.
Derzeit hört man viel von Männern im mittleren Alter, die nur einen Pflichtschulabschluss haben und die in unserer schnelllebigen Zeit oft auf der Verliererseite enden. Bis vor Kurzem wäre ich das Paradebeispiel gewesen.
2008 Job verloren
Angefangen hat alles 2008. Zur Zeit der Finanzkrise. Von einem Tag auf den anderen wurde ich gekündigt. Nach zwölf Jahren. 48 war ich damals. Bis zum Abteilungsleiter hatte ich mich in dem Logistikcenter hochgearbeitet. Und das ohne richtige Ausbildung in dem Bereich. Ich war geschockt, gleichzeitig auch zuversichtlich, dass ich schon etwas Neues finde.
Also habe ich mich hingesetzt, mir die Stellenanzeigen rausgesucht und eine Bewerbung nach der anderen geschrieben. Ohne Erfolg. Es lagen nur Absagen im Briefkasten. Wenn überhaupt. Die meisten Firmen haben gleich gar nicht auf die Anschreiben reagiert.
"Schwer vermittelbar"
Also kam ich am AMS nicht vorbei. Doch dort hat man mir wegen meines Alters und des niedrigen Bildungsabschlusses gleich den Stempel des "schwer Vermittelbaren" aufgedrückt. Schnell wurde über 50-plus-Programme oder Frühpension gesprochen. Das wollte ich aber nicht. Ich wollte Arbeit finden.
Aber ich bin langsam an der Situation zerbrochen. Es ist ja zunehmend aussichtslos geworden. Ein Jahr als Arbeitsloser folgte auf das andere. Acht waren es zum Schluss. Hunderte Bewerbungen hatte ich verschickt und fast nur Negativ-Rückmeldungen bekommen. Und jede neue Absage oder noch schlimmer Nicht-Reaktion, hat mir ein Stück Selbstachtung genommen. Ich mochte nicht mehr unter Leute gehen. Aus Scham. In dieser Phase ist es mir auch gesundheitlich immer schlechter gegangen. Ich hatte Gelenksschmerzen. Die Diagnose Rheuma gab mir dann den Rest.
"Steh auf, wenn du am Boden liegst"
"Steh auf, wenn du am Boden liegst" - dieses Lied hat mir dann ein Freund vorgespielt. Und er hat auf mich eingeredet, dass ich meine Zeit sinnvoll nützen soll. Sein Appell hat was ausgelöst in mir. Also habe ich den Pfarrer gefragt, ob ich ihm helfen kann. Er hat mich zum Rosenkranz-Vorbeten, Gräbergießen und zur Altenbetreuung eingeteilt. Das war gut. Alleine die Tatsache, dass ich noch für etwas gut bin, hat mir Auftrieb gegeben.
Niederlagen erlebte ich weiterhin. Aber ich habe sie gelassener genommen. Dann kam Bewerbung Nummer 320. Eine Firma hat jemanden gesucht, der die Außenbereiche sauber hält. Ein 20-Stunden-Hilfsjob für 569 Euro im Monat.
Keine finanzielle Verbesserung
Ich habe mich beworben - und die Stelle tatsächlich gekriegt! Finanziell verbessert habe ich mich nicht. Die Notstandshilfe war 700 Euro monatlich. Aber das war mir egal. Einen Arbeitsplatz zu haben ist mir wichtiger als Geld. Es stimmt schon. Man kann schneller auf der Verliererseite landen, als man denkt. Das heißt aber nicht, dass man dort bleiben muss.
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