Europas Sozialdemokraten stellen sich gegen den Aufstieg der Rechtspopulisten: Bei einer Pressekonferenz in Wien präsentierten Bundeskanzler Christian Kern, Deutschlands Vizekanzler Sigmar Gabriel und Schwedens Premier Stefan Löfven sowie ÖGB-Präsident Erich Foglar, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann, und der Präsident des Schwedischen Gewerkschaftsbundes, Karl-Petter Thorwaldsson, ihr Zehn-Punkte-Programm für ein soziales Europa und einen dringend notwendigen Kurswechsel. Kern: "Wir schauen derzeit in einen Abgrund."
Der Rechtspopulismus ist im Aufwind, und zwar nicht erst seit Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde. Lange hatte Europas Sozialdemokratie nichts dagegengehalten, jetzt setzt man ein Zeichen. Die "Allianz für ein soziales Europa" sei notwendig, um einen politischen Wechsel zu bringen und das europäische Projekt zu retten, so Kanzler Kern: "Unser Ziel ist es, Wachstum aufzubauen, anstatt einen Steuerwettlauf nach unten zu betreiben."
Man wolle, durchaus in einem sozialen Sinn, Sicherheit geben, betonte Kern: "Wir haben dafür einen Pakt für sozialen Fortschritt formuliert, welcher künftig die Basis für Diskussionen sein soll." Neben der Förderung von (Aus-)Bildung für künftige Generationen sei vor allem der Kampf gegen Steuerbetrug ein großes Thema: "Hier geht es auch um moralische Fragen: Wer trägt etwas zur Finanzierung des Gemeinwohls bei?"
"Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort"
Auch Lohn- und Sozialdumping soll künftig ein Riegel vorgeschoben werden, wie Deutschlands Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel erläuterte: "Wir müssen zeigen, dass die Interessen der Menschen im Mittelpunkt stehen." Konkret wolle man den Vorschlag der Schweden, einen europaweiten Mindestlohn einzuführen, unterstützen: "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Die Menschen wollen es nicht mehr akzeptieren, dass ihr nach Brüssel geschicktes Steuergeld dazu verwendet wird, um Jobs in Deutschland, Österreich oder Schweden zu vernichten."
"Die Botschaft 'Pass dich an' hat jetzt eine Antwort bekommen. Eine Antwort der alten Nationalisten, die sagen: 'Lasst uns wieder Mauern hochziehen!'", so Gabriel. Die Anpassungszwänge müssten daher abgeschafft werden. "Die einzige Antwort auf den Nationalismus kann nur sein, dass man den Menschen zeigt, dass ihre Interessen Gegenstand europäischer Politik sind." Der Wettbewerb in Europa brauche soziale Rahmenbedingungen, so der deutsche Vizekanzler: "Wir müssen Europa eine neue Richtung geben, denn die Richtung, die Europa jetzt geht, führt immer mehr zur Verweigerung."
Video: Sigmar Gabriel über den Aufstieg der Rechtspopulisten
"Bisherige Politik hat zu Nationalismus geführt"
Insgesamt haben sich die Vertreter von 15 Gewerkschaften und sozialdemokratischen Parteien zusammengeschlossen und einen Zehn-Punkte-Plan erarbeitet. ÖBG-Präsident Foglar betonte die dringende Notwendigkeit eines Kurswechsels: "Die bisherige Politik war nicht arbeitnehmerfreundlich und hat zurück in den Nationalismus geführt." Mit dem Brexit habe man ein Alarmsignal erhalten, dass nicht ignoriert werden dürfe. "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist ein Grundprinzip wie freier Warenverkehr oder der freie Binnenmarkt. Aber das erleben wir derzeit nicht." Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann, dazu: "Wenn wir so weitermachen wie bisher, ist ein Scheitern der EU nicht auszuschließen."
"Wir schauen derzeit in einen Abgrund"
Kern fand abschließend klare Worte: "Wir schauen derzeit in einen Abgrund." Wahlergebnisse seien zur Kenntnis zu nehmen, aber fest stehe, dass etwa ein Sieg von Marine Le Pen in Frankreich "keinen Fortschritt für die europäische Solidarität bringen würde", so Kern. "Diese Schlussfolgerung können Sie auf ein paar andere Länder ebenso übertragen."
Asylthema nur am Rande gestreift
Eher am Rande tauchten die Themen Asyl, Migration und Integration auf, die in weiten Teilen Europas mit für den rasanten Aufstieg der Rechtspopulisten sorgen. Das Asylrecht müsse gewährleistet sein, allerdings nicht gepaart mit dem Recht, sich den Ort auszusuchen, heißt es in dem vorgelegten Papier - unter Verweis auf die Wichtigkeit der Kontrolle der EU-Außengrenzen. Zusatz des schwedischen Premiers Löfven: "Wir müssen die Aufnahme von Asylwerbern gerecht verteilen. Wir haben die Fähigkeit und die Kapazitäten, das zu tun."
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