Bomben hochgegangen
Innenminister: 38 Tote bei Terror in Istanbul
Istanbul ist neuerlich von schweren Anschlägen erschüttert worden: Bei zwei Bombenexplosionen in der türkischen Metropole sind am Samstagabend mindestens 38 Menschen getötet worden, davon 30 Polizisten, wie Innenminister Süleyman Soylu am Sonntagvormittag bekannt gab. 155 Menschen wurden verletzt, als zunächst vor dem Besiktas-Fußballstadion eine Autobombe hochging und sich nur kurz darauf in einem Park in der Nähe ein Selbstmordattentäter in die Luft sprengte. 13 Verdächtige sind offenbar bereits in Gewahrsam. Eine eintägige Staatstrauer wurde ausgerufen.
Die erste Explosion habe einem Bus der Sondereinsatzpolizei gegolten, die das Fußballspiel gesichert hatte, sagte Soylu nach Angaben des Senders CNN Türk am Samstagabend. Etwa eineinhalb Stunden vor der ersten Explosion um 22.29 Uhr Ortszeit (20.29 Uhr MEZ) hatte das Spiel zwischen den Erstligisten Besiktas und Bursaspor geendet. Soylu sagte weiter, die Bombe sei explodiert, nachdem sich die Zuschauer zerstreut hatten. Sie sei ferngezündet worden.
Nur rund 45 Sekunden später sprengte sich ein Selbstmordattentäter in der Nähe des Parks Macka im selben Viertel inmitten von Polizisten in die Luft, erklärte der Innenminister weiter. Die Explosionen waren mehrere Kilometer weit zu hören gewesen.
Video zeigt die Sekunden, in der die erste Bombe hochgeht
Ein Video, das auf Twitter hundertfach geteilt wurde, zeigt die Sekunden der ersten Explosion: Auf einem Hügel in Istanbul spielt eine Gruppe junger Leute Gitarre und singt dazu, während im Hintergrund die erste Bombe hochgeht:
Fernsehbilder zeigten schwer beschädigte Polizeifahrzeuge sowie ein brennendes Auto und mehrere Rettungswagen. Nach Angaben von Augenzeugen gingen zudem mehrere Fenster von benachbarten Häusern zu Bruch.
Die Polizei riegelte das gesamte Gebiet rund um die Vodafone Arena ab, die im Stadtteil Besiktas im europäischen Teil der Metropole liegt. Die Gegend zwischen dem Taksim-Platz und dem ehemaligen Sultanspalast Dolmabahce ist auch bei Touristen sehr beliebt.
Erdogan: "Möglichst viele Menschen sollten sterben"
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sprach von einem "Terrorakt", der sich gegen die türkischen Sicherheitskräfte und die Menschen in Besiktas gerichtet habe. Die zwei Explosionen unmittelbar nach dem Ende des Fußballspiels hätten offenbar möglichst viele Menschen töten sollen. Die Menschen in Istanbul hätten wieder einmal "das hässliche Gesicht des Terrorismus" miterlebt, der "Werte und Moral mit Füßen tritt".
Ein Reporter sagte dem Sender CNN Türk, an diesem Samstagabend seien besonders viele Polizisten zur Absicherung des Spiels im Einsatz gewesen, weil es in der Vergangenheit Auseinandersetzungen zwischen den beiden Fangruppen gegeben hatte. Die Fans von Bursaspor seien wegen einer Strafe überhaupt das erste Mal seit Jahren wieder zu einem Besiktas-Spiel zugelassen worden.
Die Behörden sprengten noch in der Nacht ein verdächtiges Fahrzeug. Der Einsatz sei in der Nähe des Besiktas-Stadions erfolgt. 13 Verdächtige wurden bereits festgenommen. Laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu übernahm die Anti-Terror-Abteilung der Istanbuler Staatsanwaltschaft die Ermittlungen.
Anschläge durch PKK oder IS?
Die Hintergründe der Tat sind noch unklar. Die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK oder deren Splittergruppe TAK verüben in der Türkei immer wieder Anschläge auf Sicherheitskräfte. Die türkische Armee geht seit Juli vergangenen Jahres in einer Militäroffensive gegen die PKK vor allem im Südosten des Landes vor. Damals war ein Waffenstillstand nach mehr als zwei Jahren gescheitert. Die PKK verübt seitdem wieder zahlreiche Anschläge im Land.
Weitere Bilder vom Terroranschlag:
Die türkische Regierung macht aber auch die Terrormiliz Islamischer Staat für Attentate verantwortlich. Die türkische Armee und syrische Rebellen waren am Freitag nach heftigen Kämpfen in die syrische IS-Bastion Al-Bab vorgedrungen. Die Stadt unweit der Grenze zur Türkei ist die letzte IS-Hochburg in der nordsyrischen Provinz Aleppo. Türkische Jets hätten den Angriff aus der Luft unterstützt, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
Die Türkei hatte im August eine Bodenoffensive in Syrien begonnen, mit der sie Rebellen unterstützt. Seitdem haben die Verbündeten im Zuge der Operation "Schutzschild Euphrat" den IS bereits von der türkisch-syrischen Grenze verdrängt. Die Türkei bekämpft in Nordsyrien zugleich die Kurdenmiliz YPG, die eng mit der PKK verbunden ist.
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