Lisa* ist schwanger, als ihr Freund sie brutal zusammenschlägt. Jetzt wächst ihr kleines Mädchen ohne Vater auf. Das Protokoll einer verwundeten Frau.
Als Mädchen habe ich davon geträumt, eines Tages Mama zu sein. Ich habe mir so eine Art Märchenprinz vorgestellt, der mit mir eine Familie gründet. Inklusive Haus und Garten versteht sich. Von einem Kindsvater, vor dem ich mich verstecken muss und einer ständigen Angst, die mich begleitet, ist natürlich nichts vorgekommen in meiner Teenie-Fantasie.
Als Erwachsene habe ich dann tatsächlich gemeint, ich hätte meinen Prinzen gefunden. Der entpuppte sich aber als böser Drache: Thomas und ich haben uns im Wiener Stadtpark kennengelernt. In der Mittagspause. Er war genau mein Typ: Blond, muskulös, charmant. Wir sind ein paar Mal ausgegangen, wurden ein Liebespaar. Alles ist gut gelaufen zwischen uns. Auch Kinder wurden ein Thema. Nach einem halben Jahr sind wir zusammengezogen. Das war der Anfang vom Ende.
Thomas wurde notorisch eifersüchtig und zum Kontroll-Freak. Ich konnte keine SMS mehr empfangen, die er nicht lesen wollte. Und er versuchte mich einzusperren, mich von meinen Freunden, meiner Familie fern zu halten. Oft habe ich überlegt, ihn zu verlassen. Ich habe bis zuletzt gehofft, dass er sich wieder einkriegt ...
Er hat geglaubt, dass er mich getötet hat
Doch der Terror wurde immer schlimmer. Es war ein Freitagabend, als alles eskaliert ist: Zuerst hat er mir mitten ins Gesicht geschlagen, danach meinen Kopf gegen die Mauer geknallt. Wieder und wieder. Dann hat er mich gewürgt. Am Ende bin ich regungslos am Boden gelegen. Ich bin davon überzeugt, dass er geglaubt hat, er hätte mich getötet, als er ging.
Die Polizei konnte ihn aufspüren. Anzeige, Betretungsverbot, Wegweisung - in dieser Reihenfolge läuft sowas ab. Ich selber stand unter Schock. Diese Demütigung, und dazu schreckliche Schmerzen. Ich wollte Thomas einfach nur aus meinem Leben streichen. Für immer. Aber eine Woche nach dem Vorfall habe ich festgestellt, dass ich von ihm schwanger bin.
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Ich wollte ihm mein Baby nicht ausliefern
Schon war sie wieder da, diese fixe Vorstellung von der klassischen Familie. Vater-Mutter-Kind. Sie war so stark, dass ich sogar überlegt habe, Thomas noch eine Chance zu geben. Aber nur kurz. Gott sei Dank kam ein Termin bei der Kriseninterventionsstelle dazwischen. "Wenn er Sie schlägt, greift er auch Ihr Kind an", hat die Betreuerin zu mir gesagt. Dieser Satz hat mir die Augen geöffnet. Unter keinen Umständen wollte ich ihm mein Baby ausliefern.
Rebecca* ist nun ein Jahr alt. Sie kennt ihren Vater nicht. Das soll auch so bleiben. Thomas weiß nichts von seiner Tochter. Ich habe den Kontakt komplett abgebrochen. Stattdessen gehen wir regelmäßig zu Mama-Kind-Treffen. Wir haben es nicht leicht, machen aber das Beste daraus. Märchen mag ich aber immer noch. Besonders die, in denen ein böser Drache ein für allemal besiegt wird.
* Namen geändert
TIPPS UND INFOS
Brigitte Quint, Kronen Zeitung
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