Chance auf Frieden?
Syrien: Waffenruhe mit Fragezeichen in Kraft
In Syrien ist zu Mitternacht Ortszeit (23 Uhr MEZ) eine von Russland und der Türkei verhandelte Waffenruhe in Kraft getreten. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte zuvor die Einigung zwischen der syrischen Regierung und mehreren Oppositionsgruppen verkündet. Skepsis ist freilich angebracht: Zu oft war in der Vergangenheit ein Hoffnungsschimmer zerplatzt, außerdem sind nicht alle Kräfte im Bürgerkrieg von dem Abkommen erfasst.
Dennoch bezeichnete etwa der Sprecher von US-Außenminister John Kerry die Waffenruhe als "positive Entwicklung". "Wir hoffen, dass sie von allen Beteiligten vollständig umgesetzt und respektiert wird", so Kerry-Sprecher Mark Toner am Donnerstag. An den jüngsten Gesprächen waren die USA nicht beteiligt, Kerry hatte den Dialog mit Russland über eine Feuerpause im Oktober abgebrochen. Er beschuldigte Russland, sich nicht an die Verpflichtungen gehalten zu haben.
Auch die UNO begrüßte die Einigung auf eine landesweite Waffenruhe. Eine umfassende Einstellung aller Feindseligkeiten sei der Rahmen für alle weiteren Bemühungen, sagte ein Sprecher von UN-Sonderbotschafter Staffan de Mistura. Es sei zu hoffen, dass die Vereinbarung das Leben von Zivilisten nun schone, die Versorgung der Bevölkerung mit Hilfsgütern erleichtere und eine gute Grundlage für kommende Gespräche sei.
Regime: "Wirkliche Gelegenheit für politische Lösung"
Die syrische Führung nannte den angekündigten Waffenstillstand eine "wirkliche Gelegenheit für eine politische Lösung" des bewaffneten Konflikts. Außenminister Walid Muallem sagte am Donnerstag im syrischen Fernsehen, mit der Waffenruhe ergebe sich eine Chance, das Blutvergießen zu beenden.
Die Einigung gilt freilich nicht für radikale Aufständische im Bürgerkriegsland. Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan, dessen Verhandler maßgeblich am Zustandekommen des Deals beteiligt waren, hatte kurz vor dem Inkrafttreten erneut ausdrücklich bekräftigt, dass "Terrorgruppen" von der Waffenruhe ausgenommen seien. Dazu zählen dschihadistische Milizen wie der IS und die Kämpfer der ehemaligen Al-Nusra-Front, die jetzt Jabhat Fatah al-Sham heißt und weiterhin dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahesteht, doch auch die syrische Kurdenmiliz YPG ist laut Oppositionsangaben nicht von dem Abkommen erfasst.
Russland: Wer Deal nicht einhält, wird bekämpft
Aus russischer Sicht sollte es jedenfalls nicht schwerfallen, moderate von radikalen Kräften zu unterscheiden: Große Teile Syriens seien unter Kontrolle von sieben Gruppen der gemäßigten Opposition, sagte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Wer sich der Vereinbarung nicht anschließe, werde als Terrorgruppe bekämpft.
Die ersten Stunden seit Inkrafttreten der Waffenruhe Freitagmitternacht geben vorsichtigen Anlass zur Hoffnung: In weiten Teilen des Landes schien die Feuerpause zu halten, nahe der Hauptstadt Damaskus kam es jedoch zu vereinzelten Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Aufständischen. Die Zusammenstöße, bei denen auch Kampfhubschrauber eingesetzt worden seien, ereigneten sich laut Rebellenvertretern in einem von der Opposition kontrollierten Tal nordwestlich von Damaskus. Dort hatte die Armee kürzlich eine Offensive gestartet, um die seit einer Woche unterbrochene Wasserversorgung für die Hauptstadt wiederherzustellen.
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