12.804 € Grundgehalt
EU-Parlament: Wozu sind 14 Vizepräsidenten nötig?
Nach der Marathon-Wahl des neuen EU-Parlamentspräsidenten Antonio Tajani am Dienstag ist am Mittwoch die Wahl der nicht weniger als 14 (!) Vizepräsidenten auf dem Programm gestanden. Darunter ist auch die Grüne Ulrike Lunacek, die allerdings im ersten Wahlgang noch durchgefallen war. Die Vizepräsidenten haben vor allem die Aufgabe, den Präsidenten in der Ausübung seiner Pflichten zu unterstützen - und kommen auf einen monatlichen Mindestbezug in der Höhe von 12.804 Euro brutto, sofern sie mindestens an der Hälfte der Plenarsitzungen teilgenommen haben. Dazu kommen noch Vergütungen wie etwa für Reisekosten sowie 306 Euro Tagegeld zur Deckung der Ausgaben an Sitzungstagen ...
Wie krone.at vom österreichischen Informationsbüro des Europäischen Parlaments erfuhr, entsprechen die Bezüge der Vizepräsidenten jenen von gewöhnlichen EU-Parlamentariern. Die Vizepräsidenten haben lediglich ein Anrecht auf einen Assistenten mehr, nicht aber auf mehr monetäre Vergütungen.
Fast 13.000 Euro Mindestbezug pro Monat
Seit dem 1. Juli 2016 beträgt der monatliche Brutto-Dienstbezug 8484 Euro. Die Mitglieder des EU-Parlaments erhalten zudem verschiedene Vergütungen zur Deckung ihrer Kosten, die ihnen durch die Ausübung ihrer Arbeit entstehen (Organisationskosten, Telefonrechnungen usw.). Dafür streifen die Parlamentarier 4.320 Euro brutto pro Monat ein, wenn sie mindestens bei der Hälfte der Plenarsitzungen anwesend waren. Auf diese Weise kommt ein Vizepräsident des EU-Parlaments auf mindestens 12.804 Euro brutto pro Monat. Wenn das Mitglied ohne triftigen Grund weniger als der Hälfte der Plenarsitzungen besucht, kassiert es immer noch 10.644 Euro brutto pro Monat.
Reisekosten und "sonstige Reisekosten"
Unterm Strich streifen EU-Parlamentarier aber noch mehr ein, denn es werden auch Reisekosten vergütet. Die meisten Sitzungen finden in Straßburg oder Brüssel statt. Gegen Vorlage entsprechender Belege werden die Reisekosten (bis zum Höchstbetrag eines Flugpreises in der Businessklasse, einer Bahnfahrkarte in der 1. Klasse oder 0,50 Euro pro Kilometer für Reisen mit Privatfahrzeugen) rückerstattet. Vom EU-Parlament bezahlt werden außerdem Reservierungs- und Mautgebühren, Übergepäck sowie "sonstige Reisekosten" für Teilnahmen an Konferenzen oder Arbeitsbesuchen. Die "sonstigen Reisekosten" werden mit einem Höchstbetrag von jährlich 4.264 Euro vergütet.
Tagegeld in der Höhe von 306 Euro
Für Teilnahmen an Plenarsitzungen zahlt das EU-Parlament den Vizepräsidenten und Abgeordneten eine Pauschalvergütung in der Höhe von 306 Euro. Dieses Geld fließt allerdings nur, wenn die Parlamentarier auch physisch anwesend waren, also eine Anwesenheitsliste unterschrieben haben. Wurde pro Jahr weniger als die Hälfte der Plenarsitzungen besucht, gibt's auch nur das halbe Tagegeld. Für Sitzungen, die außerhalb der EU stattfinden, erhalten die Abgeordneten einen Tagessatz in der Höhe von 153 Euro sowie eine Rückerstattung der Unterkunftskosten.
Das sind die Aufgaben der Vizepräsidenten
Aufgabe der Vizepräsidenten ist es, den Präsidenten bei der Ausübung seiner Pflichten, einschließlich der Leitung der Plenarsitzungen, zu vertreten. Außerdem sind sie Mitglieder des Präsidiums des Europäischen Parlaments. Das Präsidium ist das Organ, das die Regeln für das Parlament festlegt und einen vorläufigen Haushaltsentwurf des Europaparlaments erarbeitet. Das Präsidium ist für alle parlamentarischen Angelegenheiten in Sachen Verwaltung, Personal und Organisation verantwortlich.
Als erstes wurde am Mittwoch die Sozialdemokratin Mairead McGuinness zur Vizepräsidentin des EU-Parlaments gewählt. Insgesamt wurden im ersten Wahlgang zehn der 14 Vizepräsidenten bestimmt. Hinter McGuinnes landeten Boguslaw Liberadzki (Sozialdemokrat), David-Maria Sassoli (Sozialdemokrat), Rainer Wieland (Christdemokrat/EVP), Sylvie Guillaume (Sozialdemokratin), Ryszard Czarnecki (Konservative-Reformer/EKR), Ramon Luis Valcarcel Siso (EVP), Evelyne Gebhardt (Sozialdemokratin), Pavel Telicka (Liberale/ALDE) und Ildiko Gall-Pelcz (EVP).
Nicht genug Stimmen für Lunacek im ersten Wahlgang
Unter den Vizepräsidenten-Kandidaten - fünf Vertreter der Sozialdemokraten, vier der EVP, je zwei von Liberalen und Grünen sowie je einer von Linken und Konservativen/Reformern (EKR) - befand sich auch die grüne Delegationschefin Ulrike Lunacek, die im ersten Wahlgang nicht auf die erforderliche Anzahl der Stimmen kam und die am Mittwochnachmittag in die zweite Runde musste. Dort schaffte sie mit 441 Stimmen doch noch ihre Wiederwahl.
Lunacek, schon bisher Vizepräsidentin, hatte sich über die Wahl des Italieners Tajani zum EU-Präsidenten skeptisch gezeigt. Sie stimme in vielen inhaltlichen Punkten nicht mit ihm überein, vor allem betreffend Frauenrechten oder den Umgang mit Lobbyisten, sagte sie. Außerdem müsse Tajani seine Vergangenheit als Berlusconi-Mann hinter sich lassen, um die europäischen Grundwerte vertreten zu können.
Außerdem wurden am Mittwoch im zweiten Durchgang Ioan Mircea Pascu von den Sozialdemokraten, Dimitrios Papadimoulis von den Linken sowie der liberale Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff zu Vizepräsidenten des EU-Parlaments gewählt.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.