Martina fühlt sich zu dick und hungert - bis sie nur noch 34 Kilo wiegt. Das Protokoll einer Schülerin, deren Magersucht sie beinahe das Leben gekostet hätte.
Es ist ein gutes Gefühl, wenn einem die Leute auf der Straße bewundernde Blicke zuwerfen. Männer wie Frauen. Die einen finden einen attraktiv, die anderen zollen einem Anerkennung: In Größe Zero passt nicht jeder!
Modelshow "war ausschlaggebend"
Es war Anfang 2015. Ich habe mich unwohl gefühlt in meiner Haut. Zu dick. Dabei habe ich nur 50 Kilo gewogen, bei einer Größe von 164 cm. Die Sendung "Germany's Next Topmodel" war letztlich dann ausschlaggebend, endlich mit einer Diät anzufangen: Heidi Klum hat damals die Oberschenkel eines der Mädchen als fett bezeichnet. Die Kandidatin war eindeutig dünner als ich ...
Anfangs habe ich nur Süßes vom Speiseplan gestrichen. Dann Fleisch. Später alle Kohlenhydrate. Ab dem Frühjahr habe ich mich nur noch von gedünstetem Gemüse ernährt. Zehn Kilo waren auf die Art runter. Es war ein Kick! Vor allem beim Shoppen. Ich habe in die kleinsten Hosen gepasst und konnte die engsten Leiberln tragen. Also habe ich weitergemacht. Hungergefühl und Magenknurren kann man lernen zu ignorieren. Am Ende habe ich morgens nur noch eine halbe Wassermelone und abends ein paar Bissen Rohkost gegessen.
Ich bin nicht mehr aus dem Bett gekommen
Die besorgten Blicke meiner Eltern, die Versuche meiner Freunde, mich zur Besinnung zu bringen, sind ins Leere gegangen. Im Gegenteil! Das war eine Bestätigung, dass ich endlich dünn bin.
Gleichzeitig bin ich immer schwächer geworden. Manchmal bin ich nicht mehr aus dem Bett gekommen, so matt war ich. Beim Liegen habe ich überall meine Knochen gespürt. Meine Haare sind ausgegangen, die Nägel abgebrochen. mir war ständig schwindelig, und ich habe nächtelang gezittert.
Ich war süchtig nach diesem Glücksgefühl
Dass mein Zustand vom Hungern kommt, das war mir schon klar. Aber ich war süchtig nach diesem Glücksgefühl, wenn ich auf die Waage gestiegen bin. Im Herbst musste ich mich dann vom Abendgymnasium abmelden. Mit knapp 34 Kilo hatte ich keine Kraft mehr, hinzugehen oder gar zu lernen. Einen Monat später habe ich mich dann zur Hausärztin geschleppt. Wortwörtlich. Sie war verständnisvoll. Doch sie hat auch gesagt, dass ich sterben werde, wenn ich so weitermache.
Tod. Sterben. Vergänglichkeit. Diese Worte fallen nie, wenn es im Fernsehen um Schönheit geht. Dagegen war ich plötzlich damit konfrontiert. Verzweifelt habe ich mich einem Freund anvertraut. Er ist Veganer und hat mich überredet mitzumachen. Das war meine Rettung! Denn das Experimentieren mit Soja, Seitan und Kichererbsen hatte nicht nur zur Folge, dass es mir körperlich besser ging. Der Spaß am Essen ist wiedergekommen.
Heute wiege ich 47 Kilo. Mein Wohlfühlgewicht. Ob die Klums dieser Welt das auch so sehen, interessiert mich nicht mehr. Größe Zero ist nicht cool, sondern lebensgefährlich!
TIPPS UND INFOS:
Haben Sie auch ein Schicksal gemeistert und können damit anderen Mut machen? Dann schreiben Sie bitte an: brigitte.quint@kronenzeitung.at
Brigitte Quint, Kronen Zeitung
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