Islamisten-Angriff?
Quebec: Rätselraten nach Anschlag auf Moschee
Nach dem Anschlag auf eine Moschee in der kanadischen Stadt Quebec geht das Rätselraten um die Hintergründe weiter. War es ein islamistischer Terrorangriff auf moderate Muslime oder stecken doch rechtsradikale Täter dahinter? Der mutmaßliche Attentäter muss sich wegen sechsfachen Mordes und fünffachen versuchten Mordes vor Gericht verantworten, wie die Polizei am Montag mitteilte.
Bei dem Verdächtigen, der sich 20 Kilometer außerhalb der Stadt selbst der Polizei gestellt hatte, soll es sich kanadischen Medienberichten zufolge um Alexandre Bissonnette handeln. Der 27-jährige Frankokanadier war als Student an der bekannten Laval-Universität von Quebec inskribiert gewesen, hatte dort zuerst Politikwissenschaften und später Anthropologie studiert. Seine Studienkollegen beschrieben den Mann gegenüber der kanadischen "La Presse" als Einzelgänger: "Er blieb eher für sich, hatte keine wirklichen Freunde."
Radio Canada hatte zuvor unter Berufung einen Zeugen berichtet, zumindest einer der Täter habe einen "starken Quebec-Akzent" gehabt. Zuvor war man von zwei Attentätern ausgegangen. Ein zweiter Verdächtiger, der nach der Attacke am Sonntagabend vorübergehend festgenommen worden war, wurde wieder auf freien Fuß gesetzt und wird in dem Fall nur noch als Zeuge behandelt. Er soll aus Marokko stammen. Laut BBC gab die Polizei auch den Namen des Mannes bekannt: Mohamed el Khadir.
Rechte Gruppen distanzieren sich
Es tauchten Vermutungen auf, dass es sich bei dem Angriff um die Tat islamophober Rechtsextremer gehandelt haben könnte. Zwei bekannte nationalistische und islamfeindliche Organisationen Quebecs haben sich aber mittlerweile von der Tat distanziert. "Gewalt ist für uns keine Lösung", erklärte die Gruppierung Federation des Quebecois de souche in der Nacht auf Montag. Die Organisation Atalanta Quebec schloss sich der Erklärung an. Auch die islamfeindliche Vereinigung La Meute verurteilte "jegliche Gewaltanwendung".
Übergriffe auf Moscheen häufen sich
Zuletzt hatten sich islamfeindliche Übergriffe auf Moscheen und Muslime in Quebec gehäuft. Erst im Juli 2016 war vor einem Gebetshaus ein Schweinekopf mit einem Zettel, auf dem "Guten Appetit" zu lesen war, platziert worden. Nach den Pariser Terroranschlägen im Jahr 2015 hatten Unbekannte zudem eine Moschee in Brand gesteckt. Andere Moscheen im Land wurden mit rassistischen Graffiti bemalt. Ein Mann, der den jüngsten Angriff miterlebt hatte, sagte: "Ich verstehe nicht, warum das hier passierte, es ist doch nur eine kleine Moschee in Quebec, hier ist nicht Montreal und nicht Toronto."
Täter eröffnete das Feuer auf Betende
Am Sonntagabend hatte der Angreifer angeblich mit einem weiteren Mann das Islamische Kulturzentrum in Quebec gestürmt und das Feuer auf die Betenden eröffnet. Zeugen zufolge soll er "Allahu Akbar" gerufen haben. Sechs Menschen wurden getötet und acht weitere verletzt. Der Todesschütze sei vor der Moschee festgenommen worden, der andere Mann sei zunächst mit dem Auto geflüchtet, habe dann aber selbst die Polizei gerufen und sich gestellt, berichtet Radio Canada. In dem Fahrzeug wurde mindestens eine Waffe gefunden. Es habe eine Wohnungsdurchsuchung in dem Haus gegeben, in dem einer der Festgenommenen wohnte.
"Lehnen diese barbarische Gewalt ab"
Quebec lehne "diese barbarische Gewalt" ab, erklärte der Regierungschef der gleichnamigen Provinz, Philippe Couillard. Er rief zur Solidarität mit "allen Einwohnern Quebecs muslimischen Glaubens" auf. Nach dem Anschlag versammelten sich Demonstranten zu einer spontanen Kundgebung vor der Moschee. Kanadas Premier Justin Trudeau sprach von einem "Terroranschlag". Muslimische Kanadier seien ein wichtiger Teil der Gesellschaft, "Vielfalt ist unsere Stärke", sagte er.
Auch international sorgte die Attacke für Entsetzen. Frankreichs Präsident Francois Hollande sprach von einem Anschlag auf "den Geist des Friedens und der Offenheit" in Quebec. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte die Attacke eine "verachtenswerte Tat".
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