Der kritische Prüfbericht der Gemeindeaufsicht, das Ende der VP-SP-Koalition: Bei der Gemeinderatssitzung Montagabend in Hartberg lag ein Knistern in der Luft. VP-Bürgermeister Marcus Martschitsch verfügt mittlerweile über keine Mehrheit bei den Mandataren mehr, möchte den eingeschlagenen Sanierungsweg aber fortsetzen. Nach vier Stunden wurde eine Sondergeimeinderatssitzung zum Prüfbericht beschlossen.
Groß war das Interesse der Bevölkerung, fast 100 Zuhörer kamen zur Sitzung - und sie erlebten gleich am Anfang heftige Diskussionen, etwa zwischen den ehemaligen Koalitionspartnern VP und SP. "Das anfängliche gegenseitige Vertrauen ist verschwunden. In der Öffentlichkeit wurde gar nicht mehr wahrgenommen, dass wir eine Koalition sind", sagte der scheidende SP-Vizebürgermeister Wolfgang Böhmer. "Es hat immer klare Verhältnisse auf Augenhöhe gegeben", entgegnete Martschitsch, der vermutet, der Austritt der SP sei "von oben gesteuert" - was wiederum von den Roten zurückgewiesen wird.
Immerhin: Böhmer der vom Publikum viel Applaus bekam, versprach, keine Schmutzwäsche zu waschen. Es wird auch keinen Misstrauensantrag gegen Bürgermeister Martschitsch geben.
"Keine schmerzhaften Eingriffe"
Die VP sieht die Sanierung der Stadt jedenfalls auf einem guten Weg. So habe man in den vergangenen zehn Monaten mehr als zwei Millionen Euro eingespart - "ohne schmerzhafte Eingriffe". Auch habe man bereits viele Kritikpunkte des 150 Seiten starken Prüfberichts (der die Jahre 2010 bis 2015 umfasst) bereinigt. "Viele Dinge haben wir schon in Ordnung gebracht, viele Dinge stehen noch vor uns", sagte Martschitsch und appellierte an alle Gemeinderäte: "Gehen wir den begonnenen Weg weiter."
Prüfbericht soll online veröffentlicht werden
Rund um den Prüfbericht gab es einige Wortgefechte, etwa wie die Gemeinderäte Einsicht nehmen konnten (laut Oppositionsparteien war "massiver Nachdruck" notwendig) und ob es einen Sondergemeinderat geben soll. Martschitsch versprach bestmögliche Transparenz, der Bericht soll sogar auf der Website der Stadt veröffentlicht werden.
Klar ist: Bis 21. April muss die Stadt Hartberg ihre Stellungnahme zum Prüfbericht in Graz abgeben. Überraschend war die Aussage von Martschitsch, dass aus der berühmt-berüchtigen Veranlagung der Millionen aus dem Sparkassen-Verkauf (Stichwort: Karibik-Verluste) ingesamt sogar ein Gewinn von 2,7 Millionen Euro erzielt wurde.
Bürgermeister zitierte eine Stunde lang aus Prüfbericht
Exakt um 21.27 Uhr begann der Tagesordnungspunkt, auf den die meisten gewartet hatten: der Prüfbericht. Fast eine Stunde lang referierte Martschitsch, berichtete beispielweise vom nicht kostendeckenden Essen auf Räder, von anlassbezogenen Subventionen an den Fußballverein und von den zu hohen Kosten für den City-Bus. "Es ist ein umfassender Bericht, bei dem nichts ausgelassen wurde. Es wurden immer wieder Kleinigkeiten bemängelt", so Martschitsch, der von einer "teils polemisch-subjektiven Wortwahl der Prüfer" spricht.
Die schärfste Kritik gibt es im Bericht bezüglich der ausgelagerten Gesellschaften und der Stadtwerke. "Hier wurden viele Verträge nicht richtig verfasst, vieles ist falsch gelaufen. Das geht bis ins Jahr 1960 zurück. Ich hätte das nicht für möglich gehalten", sagt Martschitsch. So sei etwa in den Stadtwerken kein Einfluss der Gemeindeorgane auf die GmbH-Struktur mehr möglich gewesen.
Martschitsch versprach: "Wir werden es in Zukunft besser machen." Insgesamt sei die Finanzlage der Stadt aus seiner Sicht aber aktuell gut: "Wir haben nur ein Ausgaben-, kein Einnahmenproblem."
Opposition will Sondergemeinderat
Nach einer kurzen Sitzungspause (in der viele Besucher nach Hause gingen) warf der Grüne Stadtrat Christoph Wallner dem Bürgermeister vor wesentliche Punkte weggelassen zu haben: "Das war eine kaschierende Darstellung!" "Nichts wurde kaschiert, einen Anspruch auf Vollständigkeit gibt es aber natürlich nicht", konterte Martschitsch.
Danach beantragte der ehemalige VP-Mandatars Ludwig Robitschko einen Sondergemeinderat, in der der Prüfbericht ausführlich erörtert und diskutiert wird. Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen, nun muss ein Termin innerhalb der nächsten drei Wochen gefunden weden.. Nicht durch ging der Antrag, dass der abgesetzte Stadtamtsdirektor seine Position im Gemeinderat darlegen kann. Die heftigen Diskussionen alleine bei diesem Punkt zeigen: Politisch ist die Lage in Hartberg weiter stürmisch...
Jakob Traby, Kronen Zeitung
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