Peter Berg und Mark Wahlberg: Dieses Gespann bewies im Vorjahr mit "Deepwater Horizon", dass es ein reales Geschehen gut für das Kino umzusetzen vermag. Nun verarbeiten die beiden den furchtbaren Anschlag auf den Boston-Marathon vor fast vier Jahren im Film "Boston" - im Original "Patriots Day" (Kinostart: 24. Februar).
Am 15. April 2013 ließen die Terrorbrüder Dschochar und Tamerlan Zarnajev an der Zielgeraden des Boston-Marathons zwei selbstgebastelte Sprengsätze hochgehen. Drei Menschen starben, fast 300 weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Tagelang fahndete die Polizei nach den islamistischen Attentätern, bei einem Schusswechsel mit Beamten - zuvor hatten die Zarnajev-Brüder einen Polizisten auf dem Uni-Campus erschossen - starb Tamerlan, der ältere der beiden, und Dschochar konnte schwer verletzt flüchten.
Daraufhin wurde Boston komplett lahmgelegt, Schulen und Universitäten geschlossen, der öffentliche Nahverkehr eingestellt. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, ihre Häuser nicht zu verlassen. Eine Aktion dieser Größenordnung hatte es in der Geschichte der USA nie zuvor gegeben. Einen Tag nach dem Schusswechsel mit der Polizei konnte Dschochar Zarnajev schließlich festgenommen werden. Das Grauen hatte ein Ende, die Bevölkerung konnte aufatmen.
"Ein Film über die Stärke einer Stadt"
"Das ist ein Film über die Helden, die Stärke und die Unverwüstlichkeit einer Stadt, deren Bürger im Angesicht des Bösen zusammenhalten", sagt Regisseur Peter Berg. "Das ist eine Geschichte, die danach verlangt, erzählt zu werden." Der Filmemacher griff für den Streifen auf Augenzeugenberichte sowie das Buch "Boston Strong" und einen Enthüllungsbericht der CBS-Fernsehsendung "60 Minutes" zurück.
In "Deepwater Horizon" verfilmte Berg die Explosion einer Ölplattform im Golf von Mexiko, die mehrere Menschenleben forderte und zu einer der größten Umweltkatastrophen aller Zeiten führte. Dass der Regisseur nun erneut mit Mark Wahlberg zusammenarbeitete, lag irgendwie auf der Hand, schließlich wurde der Hollywoodstar in Boston geboren und deshalb gingen ihm die Geschehnisse vom April 2013 sehr nahe.
"Es ist ein sensibles Thema, weil jeder in Boston jemanden kennt, der unmittelbar von dem Anschlag betroffen war", erzählt Wahlberg, der genauso wie Peter Berg lange überlegte, ob die Dreharbeiten, die im Frühjahr 2016 stattfanden, zeitlich zu nahe an den schlimmen Ereignissen sein könnten. "Uns war aber auch klar, dass bald andere Filmemacher die Geschichte aufgreifen würden und dabei vielleicht nicht den Respekt mitbringen, der uns so wichtig war. Wir wollten einen Film drehen, bei dem jedes Detail stimmt und der alle Beteiligten und Zuschauer stolz macht."
Wahlberg spielt in "Boston" den fiktiven Polizisten Tommy Saunders, der als Helfer im Zielbereich des Marathons von Beginn an in die Ereignisse involviert ist - bis zur Festnahme von Dschochar Tsarnajev wenige Tage später. Die übrige, Star-besetzte Darstellerriege um John Goodman, Kevin Bacon und J.K. Simmons verkörpert fast ausnahmslos reale Persönlichkeiten, die damals in die Jagd nach den Attentätern involviert waren.
Trauma einer Stadt
Dass Regisseur Berg einen fiktiven Charakter in den Mittelpunkt seines Films stellte und somit eine Art Heldengeschichte schuf, kam nicht überall gut an. Sicherlich nicht ganz zu Unrecht. Dennoch muss man festhalten, dass Berg sehr feinfühlig mit diesem für die Stadt und das ganze Land traumatischen Thema umging. Die Verwendung von Original-Aufnahmen wie beispielsweise Überwachungsvideo, die die Terrorbrüder vor und nach dem Anschlag zeigen, unterstreicht die Dramatik der damaligen Ereignisse, ohne dabei effekthascherisch zu sein.
Wie Berg langsam Spannung aufbaut und die Filmmusik im Hintergrund immer dramatischer wird, während man als Zuseher weiß, dass jeden Moment die Hölle über Boston hereinbricht, ist handwerklich ganz großes Kino. Wenn ein Polizist stundenlang neben der Leiche eines Kindes, die aus Spurensicherungsgründen nicht sofort abtransportiert werden darf und am Tatort bleiben muss, verharrt - zwischen blutbeschmiertem Asphalt und herumliegenden Absperrungen eines Marathons, der als Volksfest begann und als Tragödie endete -, ist dies filmisch exzellent umgesetzt, aber als Kinobesucher nur schwer zu ertragen.
Die Schicksale der Opfer des Terrors werden in "Boston" nur kurz angeschnitten, dafür kommen vor dem Abspann einige Überlebende zu Wort. Wer mehr darüber erfahren möchte, wie Überlebende und Angehörige das Leben danach meisterten, dem sei die HBO-Dokumentation über den Anschlag ans Herz gelegt - hier geht's zum Video.
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