Schwere Vorwürfe erhebt eine 26-Jährige gegen die Grazer Polizei: Die Frau war Mitte Jänner im Beisein der Exekutive - die sie zu ihrem eigenen Schutz alarmiert hatte - in ihrer Wohnung von ihrem Ex-Freund niedergestochen worden. Laut der Grazerin seien die Beamten nicht eingeschritten. Deshalb wirft sie den Polizisten nun unterlassene Hilfeleistung vor. Seitens der Polizei hieß es, dass die Erhebungen noch nicht abgeschlossen sind.
Der 36-jährige Deutsche war am 16. Jänner vor der Wohnung der Frau aufgetaucht, obwohl vor einigen Tagen ein Betretungsverbot verhängt worden war. Der Mann hatte die 26-Jährige schon zuvor verfolgt und offenbar auch bedroht. Aus Angst vor ihm alarmierte das Opfer die Polizei. Als die Streife in das Stiegenhaus kam, hielt sich der Deutsche in der Nähe einer anderen Wohnungstür auf, aber als das Opfer die Beamten einlassen wollte, zückte er ein Messer und stürmte in die Wohnung seiner "Ex". Er attackierte die Frau, noch ehe die Beamten eingreifen konnten.
Herz nur knapp verfehlt
Der Mann stach mehrmals auf sie ein und fügte ihr schwere Stichverletzungen zu. Die 26-Jährige wehrte die Attacke mit den Armen ab, wodurch das Messer zuletzt in ihrer Hand steckenblieb. Mit Pfefferspray und vereinten Kräften überwältigten die Polizisten den Deutschen und verhafteten ihn. Der Angreifer hat laut der Anwältin des Opfers die Niere, das Zwerchfell und die Lunge gravierend verletzt. Das Herz sei nur knapp verfehlt worden.
Gemeinsam mit ihrer Anwältin will die 26-Jährige am Mittwoch eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Graz schicken. "Meine Mandantin macht den Polizisten zum Vorwurf, dass sie weder durch ihren Körpereinsatz noch durch den Einsatz von Pfefferspray oder einer Schusswaffe versucht habe, den Beschuldigten aufzuhalten. Erst eine weitere Polizeistreife, die zeitlich danach eingetroffen ist, hat nach erfolgloser Täteransprache mit der Aufforderung meiner Mandantin abzulassen, Pfefferspray eingesetzt", schilderte Juristin Karin Prutsch.
"Zum Selbstschutz außerhalb der Wohnung" gewartet
Das Opfer geht davon aus, dass durch ein rascheres Einschreiten der ersten Streife die lebensgefährlichen Verletzungen verhindert hätten werden können. Die beiden Polizisten sowie ein Polizeischüler hätten "zum Selbstschutz außerhalb der Wohnung" im Stiegenhaus gewartet - ohne Sichtkontakt zur 26-Jährigen.
Das Opfer befindet sich am Weg der Besserung und wurde bereits vom LKH Graz nach Hause entlassen. Die Frau befinde sich aber "weiterhin in einem psychischen Ausnahmezustand, ist verängstigt und verunsichert". Sie brauche psychotherapeutische Hilfe, schilderte Prutsch.
Auf APA-Anfrage erklärte die Landespolizeidirektion Steiermark, dass der Fall sehr genau geprüft werde und die Erhebungen daher noch nicht abgeschlossen sind. Untersucht werde unter anderem, ob ein Fehlverhalten der Beamten vorliegt. Beim strafrechtlichen Verfahren gegen den 36-jährigen Deutschen wird Prutsch das Opfer vertreten. Sie wolle einen Schmerzensgeldanspruch in der Höhe von 25.000 Euro geltend machen.
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